Signature Buildings im Einzelhandel: Zwischen Markenidentität und Erlebnisfaktor

Lesedauer 6 min.

In einer Zeit, in der der stationäre Einzelhandel mit Onlineshops im Wettbewerb um Kunden steht, gewinnt die Architektur für Marken eine immer größere Bedeutung. Um potenzielle Käufer ins Geschäft zu locken, müssen sich Unternehmen um zwei Dinge Gedanken machen: eine einzigartige Markenidentität und den Erlebnisfaktor. Einige haben diese Überlegungen bereits erfolgreich in innovative Flagshipstores und „Signature Buildings“ umgesetzt. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen drei Beispiele für außergewöhnliche Verkaufsgebäude von Tirol bis nach Asien.

Forgemind ArchiMedia; Prada Store in Tokio von Herzog & de Meuron

Der ganzheitliche Ansatz in der Retail-Architektur

Wenn sich ein Unternehmen von seinen Wettbewerbern abheben will, braucht es ein Alleinstellungsmerkmal – etwas, das seine Marke einzigartig und besonders macht. Doch das allein reicht im Einzelhandel heutzutage nicht mehr aus. Einkaufen muss zum Erlebnis werden: ein emotionaler Gefühlsrausch in einem angenehmen Ambiente. Um dies zu erreichen, ist ein ganzheitlicher Ansatz in der Architektur von Shops notwendig. Er verbindet Architektur und Innenarchitektur, Kommunikation und Grafikdesign. Vom großen Ganzen bis ins kleinste Detail müssen alle Elemente harmonisch aufeinander abgestimmt sein. Die konkrete Umsetzung hängt von vielen Faktoren ab, etwa der Philosophie des Unternehmens, seinen Produkten und seiner Zielgruppe.

Exklusive Mode – exklusive Architektur: Der Prada Store in Tokio

Seit 2003 ragt mitten im beliebten Einkaufsviertel Aoyama in Tokio ein sechsstöckiger Glaskristall in die Höhe. Die Skulptur mit ihrer diamantförmigen Glasfassade ist das neue Verkaufsgebäude von Prada und eine Kreation des Schweizer Architekturbüros Herzog & de Meuron. In ihm vereinen sich Einkaufen, Vergnügen und Kommunikation. Die Außenhaut besteht aus flachen, konkaven oder konvexen Glasrhomben – eine Art Kaleidoskop, das ständig neue Perspektiven eröffnet. Damit wird auf das Ver- und Enthüllen der Mode angespielt.

Forgemind ArchiMedia; Prada Store in Tokio von Herzog & de Meuron

Im Inneren des Signature Buildings kommen innovative Materialien zum Einsatz: Bänke aus verleimten Schaumstoffflocken, Kleiderständer mit Fellbesatz und Vitrinen aus Fiberglas. Nicht nur mit dem Auge, sondern auch mit dem Tastsinn wird so die Architektur – in Analogie zur Mode – erlebbar. Die weichen Kanten und Rundungen entführen den Besucher in einefortlaufende Shoppingerfahrung – alles geht ineinander über. Da die Luxusmarke Prada bei jungen Japanern äußerst beliebt ist, passt diese Brand Architecture perfekt zur Zielgruppe: trendig, luxuriös und exklusiv. Schließlich gehört Japan zu den drei größten Lifestyle-Märkten weltweit.

 

#herzogdemeuron

Ein Beitrag geteilt von Michael Traynor (@mjtraynor) am Aug 15, 2016 um 1:49 PDT

Regionale Vielfalt: die Supermärkte von MPreis in Österreich

Der Tiroler Lebensmittelhändler MPreis setzt bei seinen Verkaufsgebäuden auf architektonische Vielfalt und regionale Ausrichtung. Damit sollen auch die Werte des Unternehmens ausgedrückt werden: Denn MPreis setzt durch örtliche Lieferanten vor allem auch auf regionale Produkte und Qualität. So wurde auch jeder einzelne der bisher 240 Supermärkte individuell entworfen, und zwar von lokal ansässigen Architekten, die das Unternehmen selbst aussucht – ganz ohne Ausschreibung. Damit erhalten junge Architekten eine Chance, Brand Architecture zu konzipieren. Form und Material sind dabei so gewählt, dass sich die Märkte sehr gut in die jeweilige Landschaft eingliedern.

Einige präsentieren sich mit auskragenden Dächern, andere als filigrane Konstruktionen. Im Inneren dominieren manchmal edle Oberflächen, manchmal traditionelle Laubsägearbeiten aus rauem Holz. In jedem Fall soll die Architektur die Shops zu Wohlfühlorten machen, beispielsweise durch hohe Räume mit viel Tageslicht und Glasfassaden im Eingangsbereich. Die hochwertige Qualität der angebotenen Lebensmittel zeigt sich somit auch in der sie umgebenden Retail-Architektur.

Ein Einkaufszentrum in China: Architektur der Nachhaltigkeit

Der Belgier Vincent Callebaut ist Spezialist für grüne Architektur. Das zeigt sich in jeder seiner Arbeiten, so auch im Einkaufszentrum „Wooden Orchid“, welches in der Provinz Jiangxi in China entstehen soll. Holz, Glas und Grünflächen dominieren die innovative Konstruktion: Zwölf riesige identische Blütenblätter bilden jeweils eine „Orchideenbox“. Auf der Gesamtfläche von 30.000 Quadratmetern werden 200 Geschäfte, ein Bauernmarkt, Blumen- und Teegärten sowie ein Kino und eine Bibliothek Platz finden.

Im Vergleich zu herkömmlichen Einkaufszentren überzeugt dieses Projekt durch eine nachhaltige Architektur. Es ist ein Beispiel für einen ökologischen Materialkreislauf nach dem Prinzip „Cradle To Cradle“. Das Verkaufsgebäude wird 70 Prozent weniger Energie verbrauchen, etwa durch den Einsatz von Solar- und Windenergie, Erdwärme, passiver Kühlung und Regenwassernutzung. Darüber hinaus sollen auf den Gründächern Beete für Gemüseanbau und Spielplätze entstehen. Diese nachhaltige Architektur ist für die dort ansässigen Marken ebenfalls eine Möglichkeit, sich zu positionieren und Shopping zu einem besonderen Erlebnis zu machen.



Verkaufsgebäude – Eine Frage der Identität

Die drei Beispiele für Verkaufsgebäude zeigen, wie eng die Architektur der Shops mit der Philosophie der Unternehmen und ihrer Markenidentität zusammenhängt. Auch Firmensitze namhafter Marken setzen auf architektonische Statements, womit auch das Arbeiten zum Erlebnis wird.