Wenn es um extreme Holzkonstruktionen geht, ist Glulam das Maß der Dinge. Das Material hat jedoch auch seine Schwächen.
Es ist das Material, das den Verfechtern eines rigorosen Holzbaus den Rücken stärkt: Glulam. Glued laminated timber, im Deutschen zumeist Brettschichtholz oder auch Leimholz genannt, wird dort eingesetzt, wo Holz so richtig viel aushalten muss – bei Brücken, enormen Dachkonstruktionen oder auch Wolkenkratzern. Gemeinhin gilt es als die klimafreundliche Antwort auf Stahl und befindet sich daher seit einigen Jahren klimaschutzbedingt auf dem Vormarsch. Trotz vieler Vorteile ist es jedoch kein Allheilmittel.
Glulam kam praktisch bei sämtlichen Holzkonstruktionen der jüngsten Vergangenheit zum Einsatz, die durch ihre schiere Größe für Schlagzeilen sorgten. So wird etwa jedes der drei höchsten Holzhochhäuser der Welt – Mjøstårnet in Brumunddal (85,4 Meter), HoHo in Wien (84 Meter) oder Treet in Bergen (rund 50 Meter) – von einem Tragwerk aus Leimholz zusammengehalten. Ein anderes prominentes Beispiel ist das Richmond Olympic Oval mit seinen 15 gigantischen gekrümmten Dachbalken. Weniger bekannt, aber nicht minder beeindruckend, präsentieren sich die Katara Bridge in Doha (92 Meter Gesamtlänge) oder die Leonardo-Da-Vinci-Brücke (110 Meter) im norwegischen Ås.
Zahlreiche Vorteile
All diese Bauwerke zeigen, was mit Glulam geht. Die Grenzen des Baustoffs scheinen damit jedoch noch lange nicht erreicht. Konstruktionen aus Brettschichtholz werden immer höher und länger. Vorteile des Materials liegen im Verhältnis von Leistungsfähigkeit und Gewicht, einer leichten Bearbeitung, im ökologischen Fußabdruck und sogar im Brandschutz. Bei der Herstellung werden mehrere Schichten von Fehlstellen befreiten und getrockneten Holzes durch eine Keilzinkung miteinander verbunden und später verleimt. Im Vergleich zu Vollholz führt dieses Verfahren zu einer stark verringerten Rissbildung und einer höheren Tragfähigkeit.
Alternative zu Stahl
Aber auch verglichen mit Stahl bringt es einige Vorteile mit sich. Glulam ist bei ähnlicher Belastbarkeit wesentlich leichter, so dass sich etwa große Bauteile oder ganze Bauwerke gut transportieren lassen. Unter Umständen dürfte es sogar im Brandfall länger halten als die Legierung. Eine äußere Schicht verkohlt zwar zunächst, schützt aber anschließend den Rest des Holzes vor weiteren Schäden, während Stahl seine Tragfähigkeit ab einem bestimmten Punkt komplett einbüßt.
Einer der wichtigsten Vorzüge bleibt aber natürlich die CO2- und Energiebilanz. Einer Studie der norwegischen Universität für Umwelt- und Biowissenschaften in Ås zufolge sind beide bei Brettschichtholz um ein Vielfaches besser. Wird das Holz nach seiner Nutzung verbrannt, übersteigt die gewonnene Energie sogar die, die zur Herstellung benötigt wurde. Wirft man allerdings das Holz weg und lässt es verrotten, ist die CO2-Bilanz schlechter als die von Stahl.
No wood is perfect
So wundervoll Glulam auch ist, bleibt es leider doch kein reines Wundermittel. Im Vergleich zu Stahl ist das Material weniger widerstandsfähig gegenüber Feuchtigkeitsschwankungen und benötigt für das Tragen gleicher Lasten größere Dimensionen. Zudem lässt es sich mechanisch leichter zerstören und ist auch vor Schädlingsbefall nicht gefeit. Aus diesen Gründen dürfte Glulam wohl vor allem im Ingenieurbau Stahl und Beton vorerst nur selten ersetzen. Vielleicht schafft das aber ja in Zukunft ein noch viel leistungsfähigeres Holz.