Immer mehr Menschen machen sich die positiven ökologischen und bauphysikalischen Eigenschaften von Holzbauten zunutze. Neben so manchen Vorteilen gegenüber Massivbauten bringt das Bauen mit Holz zumeist allerdings auch einen Nachteil mit sich, den viele sicherlich nur ungern in Kauf nehmen: einen schlechteren Schallschutz. Insbesondere tiefen Frequenzen unterhalb 200 Hz konnte man bislang im Leichtbau nur schwer Herr werden. Im Rahmen des Schweizer Nationalen Forschungsprogramms „Ressource Holz“ ist es Forschern gelungen, dies durch eine optimierte Deckenkonstruktion zu ändern. Diese könnte bald schon massiven Deckenkonstruktionen im Geschosswohnungs- und Bürobau Konkurrenz machen.
Tiefe Töne sind im wahrsten Sinne besonders durchdringend. Wer schon einmal nächtliches Opfer einer nahegelegenen Musikveranstaltung wurde oder einen Nachbarn mit leistungsstarken Tieftönern hat, kann das bestätigen. Die Bässe gehen durch Mark und Bein. Ähnlich störend sind die dumpfen Töne, die Nachbarn, deren Haustiere oder Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen durch ihre schieren Bewegungen erzeugen. Das bauliche Problem liegt darin, dass sich insbesondere tiefe Frequenzen schlecht absorbieren lassen und somit schlimmstenfalls von Bauteilen wie Decken und Wänden weitergegeben werden. Gerade mehrgeschossige Leichtbauten, also auch typische Holzbauten in Ständerbauweise, sind hierfür besonders anfällig.
Dem Massivbau ebenbürtig
Um beim mehrgeschossigen Holzbau dennoch leicht – also nicht als Massivholzbau – bauen zu können, ohne auf eine gute Trittschalldämmung verzichten zu müssen, hat eine Forschungsgruppe um Luboš Krajči und Carl Hopkins in den letzten Jahren eine konstruktive Lösung erarbeitet. Ziel der Arbeit im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Ressource Holz“ (NFP 66) war es, eine Deckenkonstruktion zu entwickeln, die verbesserte Schallschutzeigenschaften im Tieftonbereich unterhalb 200 Hz bietet und dabei nicht dicker als massive Deckenkonstruktionen ist.
Bislang waren in mehrgeschossigen Holzbauten besondere Deckenaufbauten mit größeren Deckenhöhen und kniffligen Strukturen vonnöten, um Schallschutzeigenschaften wie im Massivbau zu erreichen. Mittels Experimenten und anschließender Validierung durch ein Finite-Elemente-Modell zur Abbildung der Dynamik ist es den Forschern gelungen, eine gedübelte Brettstapelholzkonstruktion aus Buchenholz zu entwickeln, die solch überdimensionierte Lösungen hinfällig macht. In Kombination mit einem schwimmenden Estrich verfügt diese Konstruktion über ähnliche Trittschalleigenschaften im Tieftonbereich wie massive Deckenkonstruktionen.
Für eine „hölzerne“ Zukunft?
Die unter dem Namen „Competitive wooden floor system“ entwickelte Deckenkonstruktion ist vor allem deshalb so bedeutsam, da sie eines der letzten Hemmnisse für den mehrgeschossigen Holzbau beseitigt. Als ökologisch verträglichere Lösung für große Dichte bzw. urbane Räume schwingen sich Holzkonstruktionen in immer größere Höhen auf. Mit dem HoHo in Wien und Mjøstårnet im norwegischen Brumunddal entstehen derzeit etwa zwei Holzhochhäuser, die über 80 Meter hoch sein werden. Neben dem Brandschutz stellt bei solchen Projekten der Schallschutz eine der größten Herausforderungen dar. Das neue Deckensystem könnte einen wichtigen Teil zum Erfolg derartiger Hochhauslösungen beitragen und so helfen, eine neue Ära hölzernen Städtebaus einzuleiten.