Je früher, desto besser: Automatisierte Analyse der Ökobilanz von Bauprojekten
„Holz ist Style.“ Dieses Zitat von Matthias Horx, einem der bekanntesten Zukunfts- und Trendforscher Deutschlands, zeigt, dass Holz einen Imagewechsel hinter sich gebracht hat: vom ungeliebten Baumaterial des 20. Jahrhunderts zum High-Tech-Baustoff des neuen Jahrtausends. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über die innovativen Einsatzmöglichkeiten von Holz im städtischen Raum sowie zwei spannende Holzbau-Projekte in europäischen Metropolen.
Eine durchwachsene Geschichte
Bis ins späte 19. Jahrhundert hinein war Holz als Baumaterial ein prägender Bestandteil der städtischen Landschaft. Mit der zunehmenden Industrialisierung wurde jedoch der Wohnraum in den Großstädten knapp. Architekten und Ingenieure begannen im Rahmen des Neuen Bauens, vor allem mit Materialien wie Glas, Stahl und Beton zu arbeiten, die als modern, solide und funktional galten.
Noch Mitte der 1990er Jahre hatte niemand damit gerechnet, dass Holz erneut im städtischen Wohnungsbau großflächige Anwendung finden würde. Durch neuartige Brandschutzvorrichtungen wie Brandschutztüren oder feuerhemmende Lacke konnte einerseits die Sicherheit von Holz in Gebäuden erhöht werden. Andererseits entstand zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein neues Umweltbewusstsein, das ökologische Baustoffe wieder stärker in den Mittelpunkt rückte. Das alte neue Material Holz ermöglicht Architekten und Ingenieuren heutzutage eine nachhaltige Bauweise in einer modernen Formensprache, die „Style“ hat.
Der High-Tech-Baustoff Holz
Bei Holz handelt es sich nicht nur um einen besonders ökologischen Baustoff.Auch aus bautechnischer Sicht bietet das natürliche Material zahlreiche Vorteile, unter anderem
ist es leichter als Stahl bei gleicher Tragfähigkeit,hat es dieselbe Druckfestigkeit wie Beton,erreicht es eine hohe Wärmedämmung,schafft es ein angenehmes Wohnklima.„Modernes Hightech-Holz” besteht aus lagenweise verleimten Holzplatten und lässt sich leicht mit Metallen wie Eisenoxidpartikeln anreichern, was für mehr Stabilität und einen verbesserten Brandschutz sorgt. Im urbanen Design wird es derzeit meist mit Stahlbeton, Glas, Klinker oder Putz kombiniert: ob als elegante Fassadenlösung, zur Nachverdichtung von bestehender Architektur oder als Grundmaterial für modulares Bauen.
Modular bauen mit Holz: präzise, günstig, schnell
Die modulare Bauweise hat sich insbesondere durch die Fertigteilhäuser in den 1960er und 1970er Jahren entwickelt. Die Probleme von damals wie mangelnder Schallschutz, Brandschutz und Lebensdauer sind größtenteils gelöst. Heute ermöglicht der modulare Holzbau die Konstruktion von hochmodernen und individuellen Privat- und Gewerbeimmobilien nach dem Baukastenprinzip. Die einzelnen Module können innerhalb kürzester Zeit auf der Baustelle montiert werden, was die Lärm- und Staubbelastungen für die Anwohner in städtischen Gebieten stark reduziert. So wird es zu einem attraktiven Modell für urbanen Holzbau.
Erweiterter Wohnraum nach oben
Immer mehr Menschen strömen in die Metropolen, Wohnraum wird knapper und teurer. Viele Altbauten können jedoch ein bis zwei zusätzliche Geschosse in Holzleichtbauweise tragen, denn durch das geringe Gewicht des Materials wird die Statik des gesamten Gebäudes nicht beeinträchtigt. Wohnraum lässt sich so nachträglich verdichten.
Doch nicht nur das: In einigen europäischen Großstädten wie Berlin und London sind bereits hochmoderne mehrgeschossige Gebäude aus Holz entstanden oder in Planung. Die Grenze nach oben ist noch längst nicht ausgereizt. Zwei dieser Projekte stellen wir Ihnen im Folgenden vor.
Newtonprojekt in Berlin-Adlershof – edles Design im KfW 40 Plus-Standard
Im Mai 2017 feierte das Newtonprojekt auf dem Berliner Campus Adlershof Richtfest. Die drei Wohngebäude mit insgesamt 43 klimaneutralen Wohneinheiten wurden von einer Baugruppe geplant, die mit dem Architektenbüro Deimel Oelschläger Architekten Partnerschaft und zwei weiteren Architekturbüros zusammenarbeitet. Nicht nur die Fassade ist aus Holz gestaltet, sondern auch die Dämmung, genauer gesagt aus den ökologischen Materialien Zellulose und Holzweichfaser.
„Timber Tower“ in London – ein 300 Meter hoher Wohnturm aus Holz
Noch in Planung befindet sich der Timber Tower, der im Londoner Stadtteil Whitechapel entstehen soll. Das 80-stöckige Gebäude mit einer Höhe von 300 Metern wird von einer Struktur aus Eichenholz umgeben sein. Damit würde es das zweitgrößte Gebäude der britischen Hauptstadt werden und die urbane Landschaft nachhaltig verändern.
Größte Hürde: die strengen Bauauflagen für Holzgebäude
Um Holz stärker in den städtischen Wohnraum zu integrieren, sind vor allem erleichterte Bauauflagen notwendig. In der Schweiz können Architekten und Ingenieure bereits seit 2015 ohne Zusatzauflagen mehrgeschossige Holzbauten bis zur Hochhausgrenze errichten. Es bleibt abzuwarten, wie das natürliche Material das urbane Design in Deutschland und der Welt verändern wird. Politik und Gesellschaft spielen dabei eine entscheidende Rolle.