Nachdem wir im ersten Teil zu Lean Construction und BIM die Theorie erklärt haben, schauen wir im zweiten Teil auf die Anwendung beider Ansätze in der Praxis – und zwar bei der Vollack Gruppe.
Vollack ist Spezialist für die methodische Planung, den Bau sowie für die Revitalisierung nachhaltiger, energieeffizienter Gebäude im Bereich Büro, Industrie, Gesundheit. Je nach Kundenwunsch übernimmt Vollack die Generalplanung und Projektsteuerung, die komplett schlüsselfertige Ausführung oder realisiert als Projektentwickler individuelle Mietflächen für Unternehmen, die nicht selbst investieren möchten.
Das Design+Build-Unternehmen treibt mit einem Team von 300 Mitarbeitern, davon 150 Architekten und Ingenieure, die Verbindung von Lean und BIM voran und engagiert sich in der Kombination beider Ansätze bundesweit in Lehrveranstaltungen und berufsbegleitende Weiterbildungen, u.a. gemeinsam mit ALLPLAN an der Hochschule Karlsruhe.
Wie wir im ersten Teil zu Lean Construction und BIM erfahren haben, verfolgen beide Ansätze das Ziel, den Bauprozess in seiner Gänze zu optimieren. Beide Ansätze harmonieren sehr gut miteinander und können zudem als komplementär zueinander betrachtet werden, was den Nutzen steigert.
Zukünftige Bauaufgaben erfordern ein Umdenken
Die zukünftigen Bauaufgaben nehmen durch Anforderungen der Eigentümer und Nutzer sowie gesetzliche Vorgaben an Komplexität weiter zu. Zunehmend erkennen auch Bauherren wie bereits die Planungs- und Baubranche, dass herkömmliche Arbeitsweisen und Steuerungsmethoden bei der Planung und Ausführung komplexer Bauprojekte an ihre Grenzen stoßen.
Sehr drastisch sichtbar wird dies zum Beispiel bei einer Vielzahl von Großprojekten, die in den Medien überdies ein bedenkliches Image für die Branche erzeugen. Berichtet wird über erhebliche Zeitverluste und ausufernde Kosten, nicht zuletzt für die Beseitigung von Fehlern und Mängeln, und später in der Gewährleistung. Studien belegen, dass eine optimale Koordination von Prozessen und Arbeitsabläufen im Planungs- und Bauablauf ein Optimierungspotenzial in Höhe von bis zu 70 % eröffnen. Sinnvoll strukturiert und digital gestützt, könnten Bauprojekte einen enormen Schub im Hinblick auf Kosten, Qualität und Termintreue erhalten.
© Vollack Gruppe; Gemeinsame Prozessanalyse mit den Planungs- und Bauausführenden beim Aufstellen bzw. Optimieren des Taktplans.
Building Information Modeling
Mit BIM wird ein Bauwerksmodell erzeugt, welches über die Entwicklungs- und Planungsphasen digital modelliert und kontinuierlich mit Informationen angereichert wird. Das 3D-Modell kann mittels der geometrischen Abbildung von Bauteilen beispielsweise für Mengenermittlungen genutzt werden. Einzelne Geometriekörper können im 3D-Modell in Form von Attributen bauteilorientierte Informationen erhalten, welche sich transparent mit allen dementsprechend vernetzten Planungs- und Baubeteiligten teilen, bearbeiten und verändern oder ergänzen lassen.
Damit wird das Bauwerksmodell in der Verknüpfung dieser Informationen zu einer konsistenten Datenbank weit über die Planung und Bauumsetzung hinaus in die kundenwertschöpfende Betriebsphase hinein.
© Vollack Gruppe; Was (früher) oft wochenlang dauerte, bringt die digitale Planungskoordination effizient auf den Punkt.
Lean Construction
Mit Lean Construction verbinden viele die Anwendung von Lean-Ansätzen auf der Baustelle. Doch viel mehr handelt es sich um eine Philosophie, nach der alle Phasen der Projektabwicklung ausgerichtet werden können. Gemäß dieser Sichtweise gilt es, den Fokus vor allem auf den Kundenwert zu richten und sein Endprodukt, das fertige Bauwerk. Ausgehend von diesem Handlungsfeld gilt es vorangehende Abläufe, die die wertschöpfenden Prozesse erst möglich machen, schrittweise auszurichten. Entsprechend muss die Entwurfs- und Ausführungsplanung als Prozesskunde der Baustelle betrachtet werden.
Durch das Sichtbarmachen jeglicher Prozesse als Arbeitspakete und das Definieren von kleinen Losgrößen in kollaborativen Prozessanalysen – ob auf der Baustelle oder in der Planung – können Schnittstellen und Abhängigkeiten klar identifiziert, ein gemeinsames Verständnis geschaffen und die Effizienz erhöht werden. Vorleistungen können dadurch rechtzeitig hergestellt und die Bearbeitungsgeschwindigkeit harmonisiert werden. Wartezeiten und eine Mehrfachbearbeitung entfallen für alle Beteiligte – Verschwendung wird minimiert. Mehrwerte entstehen für alle, nicht nur für den Bauherrn.
© Vollack Gruppe; BIM und Lean Management gemeinsam denken und praktisch umsetzen.
Die Königsdisziplin: Lean Construction kombiniert mit BIM
BIM optimiert den Planungsprozess vom Architekten bis zum Fachplaner und zahlt so auf die Faktoren Qualität, Zeit und Kosten ein. Die frühzeitige Absicherung von Entscheidungsprozessen des Kunden, z.B. auch durch Virtual Reality-Lösungen (VR), sorgt für weitere Vorteile. BIM ist dabei keine Digitalisierung bisheriger Planabläufe, die neue Generation der „Digital Natives“ denkt Planung tatsächlich neu. Durch Lean Construction können Baustellenprozesse stabil und konsequent strukturiert werden. Je reibungsfreier die Baustelle funktioniert, desto mehr beweist sich die Qualität der Planung als Vorleistung und in ihrer Wirkungsdimension.
Die Verknüpfung von BIM und Lean bedeutet eine noch intensivere Verbindung der Planungs- mit den Bauprozessen. Eine weitergehende Entwicklung hin zu Projekten und Verträgen als Design + Build ist die intelligente Konsequenz. Im Kern werden Fachdisziplinen über die gesamte Projektlaufzeit systematisch und wirkungsvoll verbessert. Dies hat eine technologische, prozessorientierte, vertragliche, nicht zuletzt arbeitskulturelle Dimension. Es geht um eine Haltung: Vernetzt arbeiten, Verschwendung erkennen, Stabilität und Prozessfluss immer wieder neu organisieren und optimieren, mit dem einen erklärten Ziel, das Projekt für alle Beteiligten zu verbessern. Die Verknüpfung von BIM und Lean kann als Königsdisziplin betrachtet werden, in der eine besondere Chance für das Planen und Bauen der Zukunft liegt.