150 Jahre Frank Lloyd Wright: Über ein eigenwilliges Genie

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Er hasste New York City und bescherte der Stadt mit dem Guggenheim-Museum eines ihrer berühmtesten Bauwerke. Er liebte die Natur und baute das Fallingwater House, das legendäre Haus auf dem Wasserfall. Am 8. Juni jährte sich der Geburtstag von Frank Lloyd Wright zum 150sten Mal. Viele berühmte Architekten sind eigensinnig, doch Wright konnte sie in vielfältiger Hinsicht übertreffen. Wir geben einen Einblick in das Leben und das Werk eines Individualisten.

Die Anfänge des Frank Lloyd Wright

Frank Lloyd Wright erblickt am 8. Juni 1867 im ländlichen Wisconsin im Norden der USA das Licht der Welt. 1885 beginnt er an der University of Wisconsin ein Maschinenbaustudium, das er nach zwei Jahren abbricht. Er geht nach Chicago, um im Architekturbüro von Joseph Lyman Silsbee zu arbeiten. Von dort wechselt er kurze Zeit später zu Dankmar Adler und Louis Sullivan, den Mitbegründern der Chicagoer Schule. Als berühmtester Schüler des „Propheten der modernen Architektur“ interpretiert er dessen Leitsatz „Form follows Function“ fortan in seinem eigenen Werk – auf seine sehr eigene Weise.

Der organische Architekt

1893 kommt es zum Bruch mit dem großen Lehrmeister und Wright gründet sein eigenes Büro. In den folgenden 15 Jahren baut er rund 50 „Prairie Houses“: Adrette Einfamilienhäuser mit ausgeprägter Linienführung, Kombinationen von Flach- und Walmdächern und weit überstehenden Traufen. Wright arbeitet mit offenen Grundrissen und entwirft auch die Möbel für die verschiedenen Modelle. Die Verbindung von organischen Formen und geometrischen Elementen wird zu seinem Markenzeichen. Mit seinen „Prairie Houses“ errichtet er nicht nur Antithesen zur weit verbreiteten Architektur des Neoklassizismus. Er gibt auch seiner tiefen Verbundenheit zur Natur eine architektonische Form – und baut sich seinen American Dream: kleine Familienfarmen in ländlich geprägten Strukturen.

Der Gesellschaftskritiker

Obwohl er in Chicago beim „Vater der Wolkenkratzer“ lernt, hasst Frank Lloyd Wright Zeit seines Lebens Großstädte – und am meisten New York City. Kollegen schwärmen von den architektonischen Möglichkeiten im Big Apple. Für Wright ist die Stadt in der Hudson Bay eine „bösartige Wucherung“: ohne Plan, ohne Idee, ein Denkmal für die Macht von Geld und Gier. Wright ist bereits 76 Jahre alt, als er erstmals in New York City baut. 1943 schafft er mit dem Guggenheim-Museum ein Bauwerk, das zu einem der Wahrzeichen der Metropole wird. Ein New Yorker Wright-Projekt, das nur auf Bauplänen existiert, ist „The Mile High Illinois“: eine 1,6 Kilometer hohe Hochhaus-Nadel aus Stahl, Glas und Beton, die 100.000 Menschen beherbergen sollte. Wäre sie jemals realisiert worden, würden die höchsten Gebäude der Welt heute bescheiden aussehen.

Der Poet

Bis zu seinem Tod realisiert Frank Lloyd Wright mehr als fünfhundert Projekte und prägt sein sehr eigenes Verständnis von der Arbeit eines Architekten: „Every great architect is – necessarily – a great poet.“ Sein bekanntestes und wohl persönlichstes Werk, das Fallingwater House, gestaltet er im Alter von 72 Jahren.Die Sommerresidenz, die er für die Familie Kaufmann in den Wäldern südöstlich von Pittsburgh baut, soll dem ursprünglichen Wunsch des Bauherrn entsprechend gegenüber der Bear Falls errichtet werden. Dem widersetzt sich der Architekt einfach: Er wolle, dass die Bewohner den Wasserfall nicht bloß anschauen, sondern mit ihm leben. Das Fallingwater House liegt nicht nur in der Natur, es ist Teil davon – und folgt damit dem Prinzip der Architektur als Poesie.

Frank Lloyd Wright wird 90 Jahre alt. Bis zu seinem Tod 1959 bleibt er seinem zweiten Anspruch treu: Ein großer Architekt muss ein großer, originärer Interpret seiner Zeit sein. Das macht ihn zweifellos zu einem der bedeutendsten Architekten aller Zeiten.