Bauen mit Infraleichtbeton: Innovativer Baustoff in der Praxis

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Ingenieure der Technischen Universität Berlin haben einen Beton entwickelt, der herkömmliche Wärmedämmverbundsysteme überflüssig machen soll. Infraleichtbeton kombiniert schicke Sichtbeton-Optik mit den energetischen Anforderungen an Außenbauteile – ein Novum. Mit dem innovativen Baustoff wurden in Berlin bereits erste Projekte realisiert.

 

Projekt 1: Wohnhaus in Pankow

Das Einfamilienhaus in Berlin-Pankow wurde von den Architekten Clemens Bronnen und Amanda Schlaich entworfen. Seit sechs Jahren wird es bewohnt, gleichzeitig dient es der Forschung von Maik Schlaich. Der Professor am Institut für Bauingenieurwesen der TU Berlin hat mit seinem Team den neuartigen ultraleichten Baustoff entwickelt, aus dem die Gebäudehülle besteht. „Wir haben an dem Haus beobachtet, wie sich der Werkstoff langfristig verhält, ob Risse entstehen und ob er dämmt, wie gewünscht“, sagt Schlaich, und kommt zu dem Ergebnis: „In Zukunft könnten Hausbauer ganz auf Dämmmaterial verzichten, denn es gibt eine Alternative.“

Monolithische Wärmedämmung

Der neue Infraleichtbeton hat die Robustheit und die glatte Optik von gefügedichtem Lichtbeton und die Dämmwirkung von haufwerksporigen Mauersteinen. Wie die Berliner Bauingenieure das geschafft haben? Sie mischten Zusatzstoffe bei, die dafür sorgen, dass sich Ton, Zement und Wasser gleichmäßig verteilen. Ebenfalls beigemengter Silikatstaub lässt Zement und Blähton besser aneinanderhaften, so dass die Stabilität größer wird. Das Ergebnis ist ein innovativer Leichtbeton, der hochwärmedämmend und zudem stark genug für Außenmauern ist. „Wir haben nun die optimale Mischung für verschiedene Güteklassen gefunden, so dass der Infraleichtbeton selbst für Hochhäuser einsetzbar ist. Der Baustoff ist marktreif“, ist Schlaich überzeugt.

 

Herausforderungen von Infraleichtbeton

Allerdings bietet der neue „Wunderbeton“ auch Herausforderungen: Um ohne Zusatzdämmung auszukommen, müssen die Wände 50 bis 60 Zentimeter dick sein. Zudem ist Infraleichtbeton mehr als doppelt so teuer wie normaler Baubeton. „Dafür sparen Sie den Anstrich, die Wärmedämmung und die teure Entsorgung der Dämmstoffe, wenn es zu einem Abriss kommt, sodass wir am Ende auf dasselbe rauskommen“, argumentiert Schlaich. Die TU-Ingenieure glauben zudem, dass der Einsatz von Fertigteilen die Kosten noch weiter senken könnte.

 

Projekt 2: Die „Beton-Oase“ in Lichtenberg

Auch Gruber + Popp Architekten sind überzeugt, dass „die Mehrkosten letztlich vernachlässigbar“ seien. Das Architekturbüro, das auf nachhaltiges Bauen spezialisiert ist, plante ein neues Jugendfreizeitzentrum in Berlin-Lichtenberg. Das einstöckige Gebäude aus Infraleichtbeton soll 2018 fertiggestellt werden. „Ein Quadratmeter Infraleichtbetonwand kostet nicht mehr als eine Wärmedämmverbundsystemwand und ist deutlich preiswerter als eine Wand mit Stein zu verkleiden oder gar eine Innendämmung.“


 

Passivhausstandard in monolithischer Bauweise

Für die monolithisch einschalige Betonkonstruktion der „Beton-Oase“ wurde Infraleichtbeton 600 (ILC 600 – Rohdichte von 600 kg/m3) vor Ort gegossen. Bei ca. 50 cm Wandstärke wurde Passivhausstandard erreicht. „Durch das homogene Volumen entsteht Speichermasse, die einer Überhitzung im Sommer und einer Nachtauskühlung im Winter auf einfache Art entgegenwirkt“, so die Architekten. Gruber + Popp schätzen Infraleichtbeton als extrem recyclebaren und „grünen“ Werkstoff. „Als mineralischer Baustoff kann er zurückgebaut und vollständig wiederverwendet werden.“

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