Seit Jahrzehnten bereits produzieren Roboter zu großen Teilen unsere Autos, Computer, Handys und alle möglichen anderen Geräte und Gebrauchsgegenstände. Warum aber bauen die perfekt arbeitenden Automaten nicht auch unsere Häuser? Die Antwort: Einerseits tun sie dies bereits und andererseits ist die Entwicklung am Bau beteiligter intelligenter Roboter im vollen Gange. Werden in Zukunft automatische Maschinen die Baustellen gar dominieren? Der Blick auf die Forschung verrät vor allem, dass sie das Bauen an sich verändern werden.
Jeder Bau beginnt in der Regel mit Baggern. Die fundamental wichtigen Maschinen werden dabei größtenteils noch von Hand bedient. Seit einigen Jahren gibt es allerdings 3D-Baggersteuerungen, die über GPS und ein digitales Geländemodell dem Baggerfahrer den Soll- und Istzustand seiner Maschine anzeigen und ihn gegebenenfalls bei Überschreitungen des Terrains oder der Grabtiefe warnen. Mittlerweile gibt es zusätzlich zur 3D-Steuerung eine Autopilotfunktion, die zum Beispiel bei der Erstellung des Feinplanums Löffel und Ausleger automatisch steuert. Die Effizienz soll hierdurch zwischen 30 und 45 Prozent erhöht werden.
IOSB.BoB: Der Bagger ohne Bediener
Dieses computerunterstützte Baggern ist jedoch noch gar nichts gegen den IOSB.BoB vom Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung in Karlsruhe. „BoB“ steht dabei für einen „Bagger ohne Bediener“. Die auf der Cebit 2017 vorgestellte Maschine sammelt über Sensoren Daten über ihre Umwelt und ist in der Lage, sich mittels Algorithmen für Lokalisierung, Kartierung, Hinderniserkennung und Bewegungsplanung autonom in unübersichtlichem Gelände fortzubewegen. Das Hauptanwendungsgebiet dieses wohl klügsten Baggers der Welt soll allerdings – zumindest vorerst – nicht im Bau, sondern in der Bergung und Beseitigung von Gefahrstoffen liegen, ohne dass sich Menschen in Gefahr begeben müssen.
SAM100: Der schnellste Maurer der Welt
Ein wahrer Meister der Maurerkunst ist der bereits auf dem freien Markt erhältliche SAM100, Kurzform für „semi-automated mason“. Der rund 500.000 US-Dollar teure Roboter von Construction Robotics verarbeitet am Tag bis zu 3.000 Mauersteine – das sechsfache von dem, was ein menschlicher Kollege schafft. Der wackere Maurer bewegt sich dabei mithilfe von Schienen eine Hebebühne entlang. Räumliche Veränderungen wie durch Wind oder die Bewegung der Bauarbeiter erkennt er mittels eines Lasers und kann sie so korrigieren. Anders als menschliche Maurer, trägt SAM den Mörtel direkt auf die Mauersteine auf und verwendet dabei stets die gleiche Menge. Die Mauerdaten liefert eine einfache CAD-Software.
DFAB House: Alles aus Roboterhand
Während der SAM100 bereits Maurer auf alltäglichen Baustellen entlastet, arbeiten Forscher der ETH Zürich daran, in Dübendorf ein komplettes dreigeschossiges Haus von Roboterhand erschaffen zu lassen. Im sogenannten DFAB House werden erstmalig verschiedene neu entwickelte Technologien im Bereich digitales Bauen unter einem Dach vereint – ein „Dach“, welches die Maschinen in Summe selbst entwerfen, planen und bauen. Auf diese Weise sollen nicht nur die Vorteile jeder einzelnen neuen Methode, sondern auch deren Synergien nutzbar gemacht werden.
Ein Teil des geballten Technologieensembles ist der In situ Fabricator, ein auf einer Raupe sitzender Roboter, der in der Lage ist, doppeltgekrümmte Formen aus einem Stahlgewebe herzustellen. Dieses wird anschließend mit einem speziellen Betongemisch gefüllt, welches, ohne auszutreten, im Gitter kleben bleibt. Sobald der Beton getrocknet ist, entsteht so eine tragende Wand, die wiederum die statisch optimierte, 3D-gedruckte Leichtbetondecke des Erdgeschosses trägt.
Die beiden Obergeschosse werden von zwei Robotern im Labor aus Holz vorgefertigt. Das Besondere daran ist, dass dabei individuell geformte Räume mit der Geschwindigkeit industrieller Produktionen gebaut werden. Die Roboter schneiden die einzelnen Teile zurecht und bringen sie in die richtige Position, so dass sie von Hand verschraubt werden können.
Bauen wird anders.
Das DFAB House der ETH Zürich im Rahmen des National Center of Competence in Research (NCCR) Digital Fabrication ist in seinem komplexen Ineinandergreifen unterschiedlicher Robotertechnologien einzigartig. Allerdings gibt es auch andere Institutionen und Forschungsprogramme, welche neue roboterbasierte Fertigungsmethoden erforschen, wie etwa die Uni Stuttgart mit ihren alljährlichen experimentellen Forschungspavillons oder die Mediated Matter Group des MIT. Dabei wird deutlich, dass Roboter am Bau nicht nur schnelles und präzises Arbeiten bedeuten, sondern vermutlich auch zu neuen Konstruktions- und Architekturformen führen werden.
Mit ihren speziellen Fähigkeiten werden Roboter zu einem eigenen Parameter im Algorithmus des Entwurfs. Da ist es vielleicht nicht ganz zufällig, dass ausgerechnet die Pioniere des Parametrismus, Zaha Hadid Architects, demnächst in China eine Schule mit der Unterstützung von Robotern bauen werden. Bis die Automaten gänzlich die Baustellen erobern, ist es wahrscheinlich noch eine Weile hin. Doch sie werden immer mehr.