BIMwood: Handlungsempfehlung für BIM im vorgefertigten Holzbau
Im Gespräch erklärt der Architekt, Stadtplaner und Geschäftsführer von buildingSMART Deutschland Gunther Wölfle, was die BIM-Weiterbildungszertifizierung nützt, und gibt Tipps zur Arbeit mit BIM.
Herr Wölfle, warum sollte sich ein Mitarbeiter BIM-zertifizieren lassen?
Es ist wichtig, dass es bei der Digitalisierung und für BIM ein Grundverständnis über Begriffe gibt. Wir müssen darauf achten, dass nicht Unternehmen oder Softwareproduzenten die Hoheit über die Definition „Was ist BIM?“ halten, sondern man sich in der ganzen Breite der Baubranche über solche BIM-Begriffe und auch darüber, was ein guter BIM-Prozess zwischen Fachplanern und Architekt ist, verständigt.
Im Moment ist der Standard an Prozessbeschreibungen eher in der Planung angesiedelt, aber zukünftig geht es darum, dass die einzelnen Gewerke mehr Verständnis füreinander entwickeln. Der Bauunternehmer sollte besser wissen, wie Planer arbeiten und worauf sie achten, Planer sollten besser wissen, was Bauunternehmen in den Plänen erwarten. Damit das nicht lauter willkürliche individuelle Definitionen sind, müssen diese Anforderungen für das digitale Zusammenarbeiten standardisiert werden. Deshalb ist es so bedeutsam, dass auch die Inhalte der Weiterbildung standardisiert sind – buildingSMART hat solche Standards erarbeitet.
Warum ist Weiterbildung so wesentlich für die Digitalisierung der Bauwirtschaft?
Die Weiterbildung ist aus unserer Sicht von enormer Bedeutung. Es kommen nicht so viele Absolventen jedes Jahr auf den Markt, und selbst von diesen haben viele einen Abschluss gemacht, ohne je von digitalen Methoden gehört zu haben. Zudem sind in den Unternehmen Mitarbeiter, die einen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz aufgebaut haben und wissen, wie man baut. Diese wertvollen Mitarbeiter will jeder Unternehmer halten und es ist sehr sinnvoll, diese weiterzubilden und ihnen so das nötige Know-how für BIM mitzugeben. Damit dieses Know-how wirklich nutzbar und wertvoll für die Praxis wird, ist es wichtig, dass die Weiterbildung Standards entspricht. Beispielsweise ist es wichtig, dass branchenweit alle wissen und verinnerlicht haben, welche unterschiedlichen Rollen in einem Projekt existieren und wie diese ineinandergreifen. Der Weiterbildungsstandard von buildingSMART hat die Brancheninteressen insgesamt im Blick. Einzelne Unternehmensstandards helfen allenfalls punktuell. Zudem: Wir wollen, dass die Interessen des ganzen Marktes in den Standards abgebildet werden, vor allem auch die der kleinen und mittelständischen Unternehmen, die unsere hiesige Bauwirtschaft prägen.
Haben Sie einen persönlichen Tipp für Planungsteams, die mit BIM arbeiten?
Eine Erkenntnis ist: Das eine BIM gibt es nicht. Machen Sie sich bei BIM-Projekten zusammen mit ihrem Auftraggeber (denn der bezahlt das ja) Gedanken, was Sie sich von „Ihrem BIM“ erwarten. Was soll BIM bei Ihren Unternehmensprozessen besser machen? Es ist aus meiner Erfahrung eine weit verbreitete Praxis, dass im ersten und zweiten Projekt BIM nur für ein, zwei oder drei konkrete Anwendungsfälle eingesetzt wird. Beispielsweise um besonders termingerecht abzuliefern, also für die Kontrolle über den Bauplanungs- und Bauablauf. Eine andere Erwartung wäre: „Wie Ihr plant und wie Ihr ausführt, ist mir egal, aber ich möchte, dass mein Facility Management folgende Daten in folgender Qualität bekommt.“ Das ist ein ganz anderer Ansatz, der sicher auch Auswirkungen auf die Planung und auf die Bauausführung hat, aber man zäumt das Pferd hier tatsächlich besser von hinten auf. Ein weiterer klassischer Use-Case mit einem sehr großen Aha-Effekt ist die Nutzung von BIM zur Kollisionskontrolle.
Gerade am Anfang sollte man sich nicht mit dem BIM, das es so nicht gibt, überfordern, sondern sich ganz konkret Projekt für Projekt bestimmte Anwendungsfälle heraussuchen, von denen man sich eine Verbesserung und Stärkung der eigenen Geschäftstätigkeit erwartet. Glauben Sie nicht, dass Sie mit BIM die eigenen Schwächen in Ihrem Unternehmen beim ersten Mal einfach ausmerzen. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken und nutzen Sie BIM dort für Ihre Use-Cases.
Wie sieht es im Umgang mit dem Bauherrn aus?
Wenn der Bauherr für BIM bezahlt, sollte man ihn selbstverständlich eng mit einbinden und gewissermaßen auch in die Pflicht nehmen. Wenn er BIM bestellt, dann sollte er konkret formulieren, was er sich davon erhofft und erwartet. Im Zweifelsfall lohnt sich BIM aber auch, um es einfach mal im eigenen Unternehmen auszuprobieren. Es muss ja im ersten Schritt nicht sofort bei einem Projekt mit einem Partner getestet werden, wo es womöglich unliebsame Überraschungen geben könnte. Man kann es auch zunächst im eigenen Team für interne Prozesse einsetzen, bevor es über die Unternehmensgrenze hinausgeht.
Ich glaube aber, es gibt schon etliche BIM-Projekte, von denen weder die Öffentlichkeit noch der Auftraggeber wusste, und die an Planung und Bau beteiligten Partner ganz für sich in Zweier- oder Dreierkonstellationen BIM für sich nutzten, weil es für sie vielleicht schon ganz selbstverständlich ist. Man sieht es einem Gebäude ja auch nicht an, ob es mit der BIM-Methode geplant und gebaut wurde. Man kann sich höchstens wundern, warum es so schnell ging.
Vielen Dank, Herr Wölfle.