Bahnbrechender Schritt im konstruktiven 3D-Druck: Forscher der TU Darmstadt drucken eine Brücke aus Stahl direkt über fließendem Wasser.
Seit Jahren bereits arbeiten Forschung und Industrie an Methoden, um den 3D-Druck für den Bau nutzbar zu machen. Die Ansätze bezüglich Druckmethoden und -medien sind dabei äußerst vielfältig. Gedruckt wird unter anderem mit Beton, Biodieselderivaten, Stahldraht, Sand oder gar Holz. In Südhessen entstand nun kürzlich ein neuer Meilenstein im 3D-Druck von Bauwerken: Forscher der TU Darmstadt gelang es im Rahmen des Forschungsprojekts AM Bridge 2019, eine Brücke aus Stahl zu drucken, und das unter freiem Himmel und über fließendem Wasser – ein bahnbrechender Erfolg für den Stahldruck.
Die Brücke an der Lichtwiese auf dem Gelände des Fachbereichs Bau und Umweltwissenschaften ist zwar nicht das erste oder einzige Projekt, bei dem Brücken aus Stahl gedruckt werden. Bei den bisherigen Verfahren mussten die Strukturen jedoch vertikal gefertigt werden, um zu verhindern, dass das Schweißgut nach unten tropft. Die Forscher am Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik (IFSW) haben jedoch einen Weg gefunden, tropffrei im Schrägen und somit direkt vor Ort zu drucken.
In situ statt Vorfertigung
Die Inspiration für den Druck einer Brücke mit Stahl als Druckmedium holte sich das Forscherteam bei MX3D. Das Unternehmen mit Sitz in Amsterdam druckte seinerseits bereits eine Brücke für die niederländische Hafenstadt. Allerdings anders als die Wissenschaftler der TU Darmstadt. „Bei allen bisherigen Projekten, auch dem in Amsterdam, wurden Brückenteile in Fertigungshallen produziert, zusammengesetzt und dann zum Standort gebracht“, sagt Professor Jörg Lange vom IFSW. „Das Besondere unserer Brücke ist, dass es weltweit die erste Brücke ist, die direkt an Ort und Stelle vom Drucker hergestellt wurde. Über fließendem Wasser.“
Schweißermeister
Gedruckt wurde das Demonstrationsprojekt mithilfe zweier Schweißroboter, die das sogenannte Wire + Arc Additive Manufacturing (WAAM) anwenden, bei welchem die Drahtelektrode beziehungsweise das Schweißgut als Druckmaterial dient. Ferner nutzten die Forscher das Schweißverfahren CMT Cycle Step. Dieses ermöglicht präzise Schweißpunkte in beliebiger Größe, wodurch sich Höhe und Dicke der Naht exakt festlegen lassen. Zudem können ausreichend lange Pausenzeiten gewählt werden, die es jedem Schweißpunkt erlauben, abzukühlen und zu erhärten. Letztendlich ist es dieses Verfahren, das die In-Situ-Fertigung ermöglicht.
Kleine Brücke, großer Schritt
Die Brücke an der Lichtwiese in Darmstadt misst zwar nur wenige Meter. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei der neuen technischen Errungenschaft der TU-Forscher um einen enormen Schritt in der Evolution des „Brücken-Drucks“, auf dem größere Drucke in Zukunft gewiss aufbauen werden.