Wohnraum wird nicht nur in Metropolen wie New York, Tokio oder Paris immer teurer, sondern auch in deutschen Städten. Gleichzeitig steigt die Zahl der Singlehaushalte und die Menschen sind beruflich viel mobiler als früher. Dies stellt Architekten und Planer vor die Herausforderung, Raum zu schaffen, der sich diesen neuen Gegebenheiten anpasst: klein, komfortabel und flexibel. Nachhaltig gebaute Mikro- und Minihäuser erfüllen diese Ansprüche. Die Idee hierfür entspringt einer Bewegung aus den USA: dem Tiny House Trend, dessen Bedeutung auch in Deutschland zunimmt.
Was steckt hinter der Bewegung der Tiny Houses?
Die Finanzkrise des Jahres 2007/2008 führte zu einem wichtigen Umdenken bei Teilen der amerikanischen Bevölkerung. Die Immobilienpreise explodierten, Wohnraum war kaum noch bezahlbar. Deshalb entwickelte sich ein Trend hin zu kleineren Häusern, deren Bau- und Folgekosten wesentlich geringer sind als bei einem großen Einfamilienhaus. Im Zentrum der Bewegung stehen Werte wie Umweltbewusstsein, eine Reduktion auf die wesentliche Dinge im Leben, Selbstgenügsamkeit, soziales Bewusstsein und gesunde Finanzierungspläne.
Was ist das Besondere an Tiny Houses?
Als Tiny Houses werden – im Gegensatz zu Small Houses – Wohngebäude mit einer Fläche zwischen 37 und 46 Quadratmetern bezeichnet. Der Begriff „Gebäude“ trifft allerdings nur teilweise zu, denn das Leben in kleinen Häusern ist auch in Baumhäusern, Zirkuswagen, Seecontainern oder Eisenbahnwaggons möglich. Dabei müssen die Bewohner nicht auf Komfort verzichten: Design bedeutet mehr als Größe, hochwertige Baumaterialien kommen zum Einsatz und die Häuser sind mit einer umweltfreundlichen und fortschrittlichen Technologie ausgestattet.
In Skandinavien präsentieren Architekten Tiny Houses mit dunklen Fassaden und hellen Innenräumen. Dezente Farben und klare Linien bestimmen das Bild. Der Wohnraum wird optimal ausgenutzt. Insbesondere Modulhäuser werden den Anforderungen der modernen Gesellschaft gerecht. Sie können ausgebaut und erweitert werden und bei Bedarf mit umziehen.
Der Tiny House Trend in Deutschland
Die Zahl der Single-Haushalte liegt in Deutschland bei knapp 40 Prozent, in einigen deutschen Großstädten sogar noch höher. Häufige Wechsel des Arbeitsplatzes machen mehrmalige Umzüge notwendig. Doch der Wunsch nach Privatsphäre bleibt. Frühere Statussymbole wie ein großes Haus oder Auto verlieren zunehmend an Bedeutung. Eine Reduzierung aufs Wesentliche steht dem entgegen.
In Deutschland könnten drei Zielgruppen planen, ein kleines Haus zu bauen. Allen voran stehen die Singles, die ihr Minihaus als Hauptwohnsitz nutzen. Die zweite Gruppe umfasst Personen, die bereits ein Haus, ob groß oder klein, haben, aber einen zusätzlichen Raum benötigen, zum Beispiel für ein Büro, ein Studio oder ein Gästezimmer. Statt einen Anbau zu errichten, kann das Büro als sogenanntes „Trabantenhaus“ im Garten stehen. Urlauber könnten Tiny Houses kaufen, um darin ihr Feriendomizil einzurichten.
Konkrete Projekte und Prototypen aus deutscher Entwicklung
Eines der ersten Projekte in Deutschland startete 2001 an der Technischen Universität München unter der Leitung von Architekturprofessor Richard Horden. Aufgrund der geringen Zahl an Studentenwohnungen in der bayerischen Landeshauptstadt entwickelte er das micro compact home, eine individuelle Wohnlösung, die alle wesentlichen Funktionen erfüllt: Schlafen, Kochen, Sanitär und Arbeiten/Lernen.
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Im Februar 2016 stellte die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde auf der bautec ihren Prototypen eines Schrankhauses vor. Auf zwölf Quadratmetern schaffen Möbel aus Holz sowie ein fein abgestuftes Farb-, Licht- und Oberflächenkonzept eine angenehme Wohnatmosphäre. Das Haus in Leichtbauweise könnte als Rückzugsort zur Entspannung in der Natur dienen.
Tiny Houses sind ein zukunftsfähiges Konzept
Die demografischen Entwicklungen in Deutschland werden nicht nur Architekten, sondern auch Städteplaner in Zukunft vor neue Herausforderungen stellen. Kleiner, bezahlbarer Wohnraum muss geschaffen werden, der trotzdem komfortabel und flexibel ist. Mit dem Konzept der Tiny Houses können umweltfreundliche Minihäuser aus natürlichen Ressourcen entstehen, die den Designern auch noch Platz für die kreative Gestaltung lassen.