„Dem Ingenieur ist nichts zu schwer“ – nicht einmal der Bau einer stehenden Flusswelle.
Die hervorstechendste Eigenschaft eines Ingenieurs ist bekanntermaßen, dass ihm „nichts zu schwer ist“. Etwas weniger bekannt ist vermutlich, dass ihn auch bestimmte Fragen so lange nicht loslassen, bis er eine Antwort darauf gefunden hat. Bei Benjamin Di-Qual, seines Zeichens leidenschaftlicher Surfer, war dies die Frage: „Wie baut man eine Welle?“ Genau genommen ging es ihm um eine stehende Flusswelle, die praktisch unendlichen Surfspaß ermöglichen soll. Die Antwort lieferten der Ingenieur und seine Firma concon construction consulting mit The Riverwave im österreichischen Ebensee schließlich selbst. Das hochkomplexe Projekt erforderte die Zusammenarbeit eines interdisziplinären und internationalen Planungsnetzwerks und nahm allein vier Jahre für die Planung in Anspruch.
Größte gebaute Flusswelle der Welt
The Riverwave ist mit zehn Metern Breite und einer Höhe von circa 1,5 Metern die größte gebaute stehende Flusswelle der Welt. Der Aufwand für Planung und Herstellung dieses 120 Meter langen Sonderbauwerks war enorm und muss wohl in Relation zur Leidenschaft von echten Wellenreitern betrachtet werden. Wer die ganze Welt auf der Suche nach den schönsten Wellen bereist, weiß, was ihm eine ganzjährlich nutzbare Welle in der inländischen Heimat wert ist. Die Nettobaukosten für die 2020 eröffnete Wassersportstätte beliefen sich schon einmal auf etwa zwei Millionen Euro. Tageskarten zwischen 24 (werktags) und 29 Euro (an Wochenenden), Surfkurse und andere Angebote sollen den Betrieb wirtschaftlich machen.
Auflagen und Herausforderungen
Aus Gründen des Wasserschutzes durfte die Welle nicht direkt im Fluss gebaut werden. Daher wird vor dem natürlichen Höhensprung in der Traun das Wasser in einen Kanal ausgeleitet und nach der künstlichen Welle wieder zurück in den Fluss geführt. Zu den Bauauflagen zählte zudem ein Fischaufstieg, der parallel zur Kunstwelle ausgeführt wurde. Der Kanal kann mithilfe von Dammbalken an beiden Enden und Wasserpumpen komplett trockengelegt werden. Damit der so entstehende Bootskörper nicht davontreibt, ist er mit Zugankern fixiert.
Spezialvorrichtung für „Dauerwelle“
Stehende Flusswellen sind aus der Natur bekannt, aber stark von Durchflussmenge und Wasserstand abhängig. Von insgesamt 24 möglichen Wellenformen ist (nach Ohtsu und Yasuda) nur eine einzige – die sogenannte „maximum wave“ – surfbar. Damit die künstliche Welle in der Traun also auch bei unterschiedlichen Verhältnissen im Fluss diese Form annimmt und dauerhaft steht, bedurfte es einer beweglichen Spezialvorrichtung (Wave Shaper), die sich den verschiedenen Wasserständen anpasst. Da sich die benötigte maximum wave in einem numerischen Berechnungsmodell nicht im Detail abbilden lässt, mussten die Ingenieure das Wellenbauwerk im Vorfeld in einem physikalischen Modell (Maßstab 1:8) simulieren, das im Kanal einer nahgelegenen alten Mühle errichtet wurde.
Wie die Planung von The Riverwave im Detail erfolgte, erfahren Sie im zweiten Teil.
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