Die Taminabrücke im Kanton St. Gallen ist die größte Bogenbrücke der Schweiz – und obendrein verdiente Preisträgerin des „Oscars für Ingenieurbau“.
Eine Bogenspannweite von 265 Metern, 417 Meter Überbaulänge und 220 Meter hoch – diese Eigenschaften machen die Taminabrücke im Kanton St. Gallen zur größten Bogenbrücke der Schweiz. Mithilfe von 3D-Modellierung konnten die Bauingenieure von Leonhardt, Andrä und Partner schon während der Planungsphasen die Baubarkeit des Entwurfs aufzeigen und das komplexe Bauwerk ganzheitlich planen. Dass die Taminabrücke dank dieser hervorragenden Planung nicht nur die Größte, sondern auch eine der Großartigsten ihrer Art ist, stellt ihre Auszeichnung mit dem „Oscar für Ingenieurbau“, dem „Supreme Award for Structural Engineering Excellence“, unter Beweis.
Brückenbau unter schwierigen topografischen Bedingungen
Die am 22. Juni 2017 neu eröffnete Taminabrücke verbindet die beiden Dörfer Pfäfer und Valens, die zuvor durch die tiefe Taminaschlucht getrennt waren. Die bestehende Gemeindestraße nach Valens erlitt immer wieder Beschädigungen durch Hangrutsche, Steinschläge und Straßenabsenkungen. Deshalb wurde im Jahr 2007 ein öffentlicher Wettbewerb zur Planung und Konstruktion einer Brücke ausgeschrieben, den das Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner (LAP) gewann. Die Firma war sowohl für die Tragwerksplanung als auch für die Ausführungsplanung verantwortlich. In allen Phasen setzten die Ingenieure auf die CAD-Software ALLPLAN Engineering. Sie verbauten insgesamt 14.000 Kubikmeter Beton, 3.000 Tonnen Bewehrung, 180 Tonnen Vorspannlitzen und 140 Spanngliedverankerungen.
Ein erdbebensicheres Bauwerk
Aufgrund der sehr steilen Talflanken und der großen Taltiefe konzipierten die Planer ein Tragwerk aus einem Bogen und einem Durchlaufträger, der über Kämpferstiele und Bogenständer monolithisch mit dem Bogen verbunden ist. Dieses Tragwerk muss zahlreichen Beanspruchungen standhalten, etwa Wind und Erdbeben. Der mögliche Ausfall eines Spannkabels musste ebenso abgesichert werden.
Der 265 Meter lange Bogen ist beidseitig in den Kämpfern eingespannt. Am Kämpfer auf der Seite Pfäfers beträgt die Querschnittshöhe vier Meter. Richtung Bogenscheitel verringert sie sich auf zwei Meter. Die Breite variiert ebenso: zwischen neun Metern am Kämpfer Pfäfers und fünf Metern im Scheitelbereich.
Änderungen in der Trassierung? Kein Problem: Mit ALLPLAN Bridge können Sie nun Brücken parametrisch modellieren.
Weniger Gewicht für die Taminabrücke
Auf mehr als der Hälfte seiner Länge ist das Bauwerk als Hohlquerschnitt errichtet. Damit ließ sich das Gesamtgewicht der Taminabrücke maßgeblich reduzieren. Der Überbau besteht aus einem Betonhohlkasten mit einer Stegbreite von 55 Zentimetern. Die Planer konnten so problemlos zwei Stegspannglieder nebeneinander unterbringen. Um den notwendigen Platz für die Spanngliedverankerungen zu schaffen, verbreiterte LAP die Stege und erhöhte die Dicke der Fahrbahnplatte an den Enden der Bauabschnitte.
Darüber hinaus variiert die Querneigung der Fahrbahn, denn die Trassierung im Grundriss erfolgte an den Brückenenden mit kreisförmigen Bögen. Die Taminabrücke verläuft von West nach Ost. Der Neigungswert bewegt sich zwischen fünf Prozent in Richtung Norden auf der Seite Valens und bis zu fünf Prozent in Richtung Süden auf der Seite Pfäfers.
Erfolgreiches Bauvorhaben dank 3D-Planung
LAP setzte bereits bei der Ausarbeitung des Wettbewerbsbeitrags auf ALLPLAN Engineering. Die dort hinterlegten Abmessungen konnte das Ingenieurbüro in der weiteren Planung bestätigen und optimieren. Die Modellierung in 3D zeigte ihre Vorteile vor allem in kritischen Bereichen, wie zum Beispiel der Kämpferstieleinbindung in den Überbau. Markus Förster, Abteilungsleiter Brückenbau bei LAP, erläutert: „Bereits in der Ausschreibungsphase waren umfangreiche Darstellungen zu Spanngliedführung und Bewehrung erforderlich, um der Bauherrschaft einerseits die Baubarkeit des Entwurfes aufzuzeigen und gleichermaßen die anbietenden Baufirmen für die herausfordernden Rahmenbedingungen zu sensibilisieren”.
Beispielsweise integrierten die Planer jeden der 55 Betonierabschnitte des Bogens exakt in das 3D-Modell. Dies erleichterte die Soll-Lage der einzelnen Elemente und die präzise Einmessung der Schalung. So konnte das Ingenieurbüro die komplexe Taminabrücke ganzheitlich und kollisionsfrei planen. Planerische Exzellenz, die sich nicht nur mit einem einwandfrei konstruierten, außergewöhnlichen Bauwerk bezahlt macht: Ende 2018 wurde die Taminabrücke beim internationalen Ingenieurpreis „Structural Award“ sowohl mit dem „Structural Award for Vehicle Bridges“ als auch dem Hauptpreis, dem „Supreme Award for Structural Engineering Excellence“, gekürt.