Die deutsche Bauwirtschaft ist weiter im Aufschwung und entwickelt sich sehr positiv. Aber es bleibt existenziell wichtig, sich für die Zukunft zu rüsten und gemeinsam die Digitalisierung des Bauwesens voranzutreiben. Denn die Herausforderungen sind groß, in einer globalen Bauwelt. Das war das Fazit der hochkarätigen Referenten auf dem „Tag der deutschen Bauindustrie 2018“. Über 1.000 Anmeldungen registrierte der Veranstalter, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Bei bestem Wetter und frühlingshaften Temperaturen kamen Gäste aus Verbänden, Politik, Forschung, Institutionen, Bauunternehmen, Industrie und aus der Planung zusammen. ALLPLAN unterstützte die Veranstaltung als einer der Hauptsponsoren.
Der Tag dient traditionell der Netzwerkpflege, ist darüber hinaus aber wichtiger Gradmesser des Status Quo, der aktuellen Situation, im Bauwesen und im Verkehr- und Infrastrukturbau in der Bundesrepublik. Das Programm war wie jedes Jahr erneut prall gefüllt mit Fach- und Impulsvorträgen sowie Podiumsdiskussionen auf den insgesamt vier Vortragsbühnen der „Station Berlin“.
Digitalisierung und Nachwuchskräfte als zentrale Themen
Der diesjährige Tag der Deutschen Bauindustrie wurde von zwei zentralen Themen getragen: Digitalisierung und Nachwuchskräfte. Hochrangige Redner aus Politik und Bauwirtschaft kamen zu Wort und zeichneten ein grundweg positives Bild der Deutschen Bauwirtschaft, das sich jedoch mit Herausforderungen wie allgegenwärtigem Lehrlings- und Nachwuchskräftemangel konfrontiert sieht. In den aktuell positiven Zeiten, so stellte der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Peter Hübner in seiner Eröffnungsrede heraus, ist es umso wichtiger junge Menschen für einen Beruf in der Bauindustrie zu begeistern. Peter Hübner sieht hierin eine große Verantwortung: „Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben steigende Ausbildungszahlen, steigende Lehrlingszahlen. Doch es muss weiter gehen.“ Und er führt fort: „Super ausgebildete Berufseinsteiger dürfen wir uns nicht von der stationären Industrie abnehmen lassen. Wir müssen Werbung für uns machen, mit der persönlichen Ansprache jedes Einzelnen!“
Das Bauen rückt zukünftig stärker in den politischen Fokus
Grundsätzlich zeigte sich die Bauindustrie sehr zufrieden mit den aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene. Dass das Bundesbauministerium nun im Innenministerium verankert ist, sei eine positive Entwicklung, wie der Präsident des Hauptverbandes deutlich machte. Peter Hübner: „Selten wurde der Bau so oft in einem Koalitionsvertrag erwähnt, wie dieses Mal. Die Aufgaben sind groß und wir müssen die Digitalisierung nutzen und was damit auf uns zukommt.“ Er forderte außerdem mehr Flexibilität bei Mitarbeitern und Unternehmen. Denn neue Berufe kommen durch die Digitalisierung im Bauwesen hinzu, wie zum Beispiel der BIM-Manager. Ständiges Lernen und Fortbilden sind also erforderlich, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu sein. Peter Hübner: „Die Chancen sind gut. Viele Unternehmen befassen sich bereits mit der Digitalisierung. Doch wir müssen schneller werden. Denn andere Länder sind viel weiter – Norwegen oder Südkorea beispielsweise.“
Menschen mit digitalen Werkzeugen in effiziente Prozesse integrieren
Dass Deutschland beim Thema BIM im internationalen Wettbewerb keineswegs abgeschlagen ist, konnte Stefan Kaufmann in seinem Vortrag herausarbeiten. Er verantwortet BIM Strategy & New Technologies bei ALLPLAN und stellte seine Strategie für die erfolgreiche Implementierung der digitalen Planungsmethode (BIM) auf dem Weg zum Digitalen Bauen vor. Für ihn und ALLPLAN bedeutet BIM über den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken Menschen mit optimalen Werkzeugen in effiziente Prozesse zu integrieren. OpenBIM ist für die damit verbundene integrale Planung eine wichtige Grundlage – auch, wenn Stefan Kaufmann klarstellt: „OpenBIM und closedBIM werden parallel und zusammen funktionieren. Wir kommen nicht umhin, beide Wege zu nutzen, wenn viele Partner am Prozess beteiligt sind.“ Und er führt ein wichtiges Argument an, das in Richtung Daten- und Informationshoheit zielt: „Der Mehrwert von BIM liegt in der Interoperabilität aller Menschen und Systeme. Jedoch muss die Informationshoheit über Bauwerksdaten bei der Gesellschaft und nicht in Händen einzelner Konzerne oder Softwarehersteller liegen.“
Der Bund nimmt seine Verantwortung wahr
Den Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, ist sich auch die deutsche Politik bewusst. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sprach ebenso wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in Berlin zu den Anwesenden. Verkehrsminister Andreas Scheuer will in seinem Ressort und ressortübergreifend verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Deutschen Bauwirtschaft unternehmen: „Das digitalisierte Planen und Bauen ist ein wichtiger Punkt. Wir können nur dann erfolgreich sein, wenn wir BIM effektiv nutzen und ausbauen. Wir werden eine BIM-Cloud einrichten, auf die alle Zugriff haben werden und in der Bauteile mit ihren physikalischen und physischen Eigenschaften hinterlegt sind. Das digitale Planen und Bauen muss in Deutschland zum Standard werden.“ Arbeitsminister Hubertus Heil sieht sich und den Bund darüber hinaus in der Pflicht, die Ausbildung weiter zu verbessern: „Der Bund wird in die Schulen investieren. Es geht dabei um gleiche Bildungsstandards in ganz Deutschland. Wir werden das Grundgesetz ändern, um das zu gewährleisten. Und die entsprechenden Mittel stellen wir zur Verfügung. 5 Mrd. Euro stecken wir in die digitale Bildung. Und auch beim Thema Ganztagesschulen handeln wir und bauen weiter aus.“
Bauministerium im Schulterschluss mit der Bauwirtschaft
Das Bundesbauministerium, verankert im Ministerium des Innern, für Bau und Heimat, kam auf dem Tag der Deutschen Bauindustrie ebenso zu Wort. Der neue Bundesinnenminister Horst Seehofer war kurzfristig verhindert, so dass sein parlamentarischer Staatssekretär Marco Wanderwitz ihn vertrat. Wanderwitz zeigte sich im Schulterschluss mit der Bauwirtschaft und untermauerte das mit eindrücklichen Zahlen: Allein 5 % der Bruttowirtschaftsschöpfung liegt beim Baugewerbe. Damit liegt es noch vor dem Automobilsektor. Etwa 10 % aller Angestellten arbeiten im Bausektor und über 25 % aller zum Patent angemeldeten Innovationen stammen aus dem Bauwesen.
Bauen „Made in Germany“ ist bei der Digitalisierung vorn dabei
Die Veranstaltung in Berlin zeigte eindrucksvoll, dass sich die Bauindustrie den wachsenden Herausforderungen bereits stellt und aktive Unterstützung aus der Bundespolitik erhält. Nachdenkliche Zwischentöne, die deutlich machten: „Wir müssen achtsam bleiben, denn wir bewegen uns in einem globalen Markt“, waren dennoch zu hören. Und das sicherlich zu Recht. Denn die deutsche Bauwirtschaft soll auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten als Aushängeschild „Made in Germany“ fungieren. Innovation und das klare Bekenntnis zur voranschreitenden Digitalisierung gehören also dazu. Anders als mit optimierten Bauprozessen und innovativen Baumethoden sind die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Wohnungsbauvorgaben ohnehin nicht zu bewerkstelligen. Sie sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wie der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Peter Hübner in der abschließenden Podiumsdiskussion deutlich macht: „1,5 Mio. neue Wohnungen strebt die Bundesregierung in vier Jahren an. Das Programm ist gut.“