Sonnenenergie ist eine der tragenden Säulen der Energiewende. Doch obwohl die Sonne an sich ein höchst zuverlässiger Energielieferant ist – sie wird wohl noch lange scheinen, auch wenn der Mensch längst vom Antlitz der Erde verschwunden ist -, ist die Technologie zur Nutzung von Sonnenergie nicht unproblematisch. Erst allmählich sind bestimmte Solarzellen in der Lage, diffuses Licht zu nutzen, und bei Regen sieht es für Sonnenstrom besonders finster aus. Wissenschaftler haben nun jedoch gleich zwei spannende Lösungen entwickelt, wie Solarzellen aus Regen zusätzlichen Strom erzeugen können. Beide Erfindungen stammen – das sollte inzwischen niemanden mehr überraschen – aus China.
Solarzellen sollen Strom aus Regen erzeugen? Klingt komisch, ist aber so – um es mit dem großen Peter Lustig zu halten. Regen ist doch eigentlich, könnte man meinen, sozusagen ein natürlicher Gegenspieler des Sonnenstroms. Neuen Forschungsergebnissen aus Fernost zufolge muss dem jedoch nicht so sein. In China haben Wissenschaftler an unterschiedlichen Forschungsstandorten zwei Verfahren entwickelt, wie sich Regen quasi komplementär zur Sonne als Energiequelle nutzen lässt. Die Ansätze sind dabei höchst unterschiedlich.
Graphen und Salze
Bereits 2016 veröffentlichten Forscher der Ocean University of China in Qingdao und der Yunnan Normal University in Kunming ihre Ergebnisse zu Farbstoffsolarzellen, die mithilfe einer Graphen-Schicht Strom aus Regen erzeugen können. Das extrem dünne und durchsichtige Material reagiert dabei mit im Regen enthaltenen gelösten Salzen, die bei diesem Vorgang Elektronen abgeben. Diese etwa aus Ammonium-, Calcium- und Natriumionen gewonnen Elektronen werden von den Solarzellen auf dieselbe Weise verarbeitet wie jene, die aus dem Sonnenlicht gewonnen werden. Das extrem leitfähige Graphen bildet dabei die oberste Schicht der Solarzelle.
Triboelektrischer Nanogenerator
Einem anderen Ansatz folgen Wissenschaftler der Soochow-Universität in Suzhou. Sie beschichten Solarzellen nicht mit Graphen, sondern mit einem sogenannten triboelektrischen Nanogenerator (TENG), wie er 2016 an der Universität für Wissenschaft und Technik in Peking entwickelt wurde. Dieser TENG, in diesem Fall bestehend aus den beiden Polymeren PDMS und PEDOT:PSS, wandelt die mechanische Energie der Regentropfen mittels einer Kombination aus triboelektrischem Effekt und elektrostatischer Ladung in Strom um. Um ihre Leistungsfähigkeit bei Berührung mit Regentropfen zu erhöhen, wird den Polymeren eine Textur verpasst, indem man sie auf DVDs legt. So wie Graphen sind auch die verwendeten Polymere transparent, sodass Sonnenlicht weiterhin ungehindert durchscheinen kann.
Hoffnungsträger der Energiewende?
Wer glaubt, dass sich mit diesen innovativen Solarzellen regenbedingte Schwierigkeiten der Photovoltaik komplett in Luft auflösen, hat sich leider zu früh gefreut. Wie bei allen neuen Technologien zur Energieerzeugung liegt auch bei den regennutzenden Solarzellen die größte Baustelle vor allem in deren Effizienz. Noch ist der Wirkungsgrad in der Nutzung von Sonnenergie nicht mit den effizientesten Solarzellen zu vergleichen. Immerhin erzeugten die graphenbasierten Zellen im Experiment mit Salzwasser mehrere Hundert Mikrovolt. Ähnliches gilt auch für die Nutzung des triboelektrischen Effekts. Das Hauptanwendungsgebiet für letztere Technologie sehen die Wissenschaftler allerdings weniger in der Gebäudeenergie als in mobilen Geräten wie Smartwatches und Ähnlichem.
Um den Energiehunger des modernen Menschen zu stillen, gilt es zweifellos alle erneuerbaren Potenziale zu nutzen. Der Ansatz von Solarzellen, die auch aus Regen Strom erzeugen, geht dabei schon einmal mindestens in die richtige Richtung. Bleibt eigentlich nur noch abzuwarten, wann die ersten Solarzellen sich auch Wind nutzbar machen – oder Windräder gleichsam Solarstrom erzeugen. Die Entwicklung solcher Hybrid-Lösungen bleibt jedenfalls ebenso notwendig wie spannend.