Resteverwertung de luxe: Kreative Häuser für schmale Baulücken

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Ein Haus auf ein 30-Quadratmeter-Grundstück oder in eine schlauchförmige Baulücke bauen? Metropolen wie Tokio und Paris machen es vor, deutsche Städte ziehen nach: In Zeiten urbaner Wohnungsnot muss auf kleinstem Raum geplant und gebaut werden. Die gute Nachricht ist, dass wagemutige Architekten auch in kleinsten Baulücken großartige Raumwunder realisieren.



Kreative Kniffe in der Vertikalen

Beim Bau schmaler Häuser in Baulücken ist die Koordination vieler Variablen die große Herausforderung: Bauvorschriften und Abstandsflächen einzuhalten, ausreichende Belichtung, die Wünsche der Bauherren – und nicht zuletzt die extrem kleine Bespielungsfläche. Erstklassige Wohnqualität in der Vertikalen zu kreieren, ist eine Aufgabe für kreative Tüftler. Gängige Grundrisstypologien und Wohnformen müssen hinterfragt, neue Modelle entwickelt werden. Jedes „Gap-Haus” ist eine Case Study – auf Maß geschneidert und einzigartig.

Die kleinsten „Hochhäuser“ Frankfurts

So auch das Minimum Impact House des Architekten Hans Drexler in Frankfurt am Main. „Uns hat interessiert herauszufinden, was man auf schwer bebaubaren innerstädtischen Restflächen an großzügigem Wohnraum schaffen kann“, so Drexler. Ein Interesse zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Täglich pendeln über 300.000 Menschen in die Frankfurter City. Wohnungen sind rar, Nachverdichtung mit Mini-Häusern in Baulücken ein großes Thema. Drexlers Haus entstand auf einem keilförmigen, schmalen Grundstück von nur 29 Quadratmetern.

Fünf Geschosse in Holzbauweise – im Erdgeschoss hat der Architekt sein Büro. Die Wohnbereiche ab dem zweiten Obergeschoss erstrecken sich großzügig versetzt in die Vertikale. Weil der Bebauungsplan eine teilweise Überbauung des Gehweges genehmigte, konnte hier kostbarer Platz gewonnen werden – insgesamt 145 Quadratmeter Wohnfläche. Die Innenräume wirken optisch noch größer durch geschickt platzierte Glasflächen in Boden und Wänden, die Sichtachsen zwischen den verschachtelten Ebenen herstellen. Zusätzlich schaffen überdimensionale Fensterfassaden ein lichtes Raumgefühl im Mini-Hochhaus.

Leichte, lichte Materialien

Zaubern musste auch Thomas Sixt Finckh. Für den Bau seines Eigenheims stand dem Architekten ein steil ansteigendes Grundstück von 14 Metern Länge und 4,70 Metern Breite zur Verfügung. Aus den seitlichen Fenstern hätte man auf beiden Seiten auf Hauswände geschaut. Also versah Finckh lediglich beide Stirnseiten des schmalen Hauses mit einer 6 cm starken Glasfassade, die Flanken blieben ohne Fenster. Trotzdem fließt auch durch sie Licht in die Innenräume. Denn hier wählte Finckh als Fassadenmaterial Polycarbonat, wie es gewöhnlich bei Industriehallen zu finden ist. „Die Polycarbonat-Platten haben einen Wärmedämmwert wie gutes Dreischeibenglas, halten unter Garantie mindestens 25 Jahre und bringen viel Tageslicht ins Innere“, so Finckh.

Innen gliedert eine Tragstruktur aus filigranen Sichtbetonscheiben die Räume. Die glatte, spiegelnde Oberfläche des Polycarbonats setzt sich an den Decken und Wänden fort. Das Material kreiert mit der weißen Inneneinrichtung und dem Sichtbeton des Bodens ein angenehm reduziertes Ambiente. Die Wände sind so lichtdurchlässig, dass der Schatten der Bäume hindurchscheint. Mit seinen weiß-opaken, transparenten Fassaden wirkt das schmale Haus zwischen seinen Nachbarn wie ein mageres Supermodel.



Fazit: Lückenfüller vom Feinsten

Interessant zu beobachten und bestimmt auch zu bewohnen: Mit kreativen Grundrissen, neuen Materialien und wagemutigen Ideen trotzen Architekten ungünstig geschnittenen Restflächen noch den letzten Quadratzentimeter ab. In Baulücken entstehen lichtdurchflutete, kleine Paläste. Das neue Lückenfüllerhaus könnte zur Königsdisziplin in der Tiny Houses Architektur werden.