Sanierung des Wiener Parlaments: eine ziviltechnische Meisterleistung

Lesedauer 7 min.

Das imposante Wiener Parlamentsgebäude, eines der bedeutendsten Wahrzeichen Österreichs, erstrahlt nach einer umfassenden Sanierung in neuem Glanz. Nach mehr als 130 Jahren fast ununterbrochener Nutzung hatte das Wiener Parlamentsgebäude das Ende seiner Lebensdauer erreicht und eine Modernisierung war unumgänglich geworden. Daher wurde 2014 vom Nationalrat beschlossen, eine umfassende Sanierung vorzunehmen, um das Gebäude an moderne Standards anzupassen. Was folgte, war eine beeindruckende ziviltechnische Meisterleistung, bei der AXIS Ingenieurleistungen ZT GmbH mit umfangreicher Expertise und Fachwissen den Umbau des Gebäudes erfolgreich leitete.

Erfolg durch Expertise: Umbau eines prestigeträchtigen Landmarks

Die Sanierung eines Gebäudes, eines der bedeutendsten Wahrzeichen des Landes, erforderte Erfahrung, Kompetenz und Wissen. Die Generalsplanersuche erfolgte über einen europaweiten Wettbewerb, bei dem das Team Jabornegg-Pálffy Architekten und AXIS Ingenieurleistungen als Sieger hervorging. Der Aufgabenbereich umfasste das gesamte Paket der Ingenieurleistungen – von der Tragwerksplanung, Erdbebenertüchtigung, Bauphysik, Brandschutz und Entfluchtung bis hin zur Zertifizierung.

„Der Umbau eines der prestigeträchtigsten Gebäude der Republik zeigt die vielfältigen Facetten, komplexen Planungen und spektakulären Ergebnisse der Tätigkeiten von Ziviltechnikern anhand der unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen auf“, sagt Paul Huter, geschäftsführender Gesellschafter der Axis Ingenieurleistungen ZT GmbH.

 

Der Umbau erfolgte von 2018 bis 2022 und umfasste vom Fundament bis zum Dach praktisch das gesamte Gebäude, auch aufwendige Restaurierungsarbeiten in den Innenräumen fielen in diesen Zeitraum. Insgesamt wurden im Zuge der Sanierungsarbeiten rund 55.000m² Nutzfläche saniert, die wichtigsten Gebäudeteile komplett umgebaut und die gesamte Haustechnik modernisiert. Besonderes Augenmerk wurde auf die thermische Sanierung, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gelegt. Auch der Brandschutz und die Sicherheit wurden verbessert, ebenso wurde das Gebäude barrierefrei gestaltet. Unterhalb von Nationalratssaal und Bundesratssaal wurden neue großzügige Säle geschaffen, die im Parlamentsbetrieb neue Möglichkeiten bieten. Insgesamt konnte durch den Ausbau bisher ungenutzter Dachgeschosse und die Vergrößerung der Nutzfläche im Untergeschoss die Gesamtnutzfläche um mehr als 11.000 Quadratmeter erhöht werden.

Um die Erdbebensicherheit zu gewährleisten, wurden in jeder Ebene die Decken mit einer Kombination aus Faserbeton und konventionellen Materialien verstärkt. In Summe wurden bei der Gesamtsanierung über 1.000 Tonnen Baustahl, weitere 1.000 Tonnen Bewehrungsstahl und über 10.000 Kubikmeter Beton verbaut.

Architektonische Highlights: Glaskuppel und Agora

Eines der architektonischen Highlights ist die neue Glaskuppel über dem Nationalratssaal mit einem Durchmesser von 28 Metern und einer Größe von 550m², deren elektrochrome Glaselemente stufenlos gedimmt werden können, womit der Wärmeeintrag in den Nationalratssaal gesteuert werden kann. Die Agora, das Besucherzentrum als räumliches und ideelles Herzstück der baulichen Maßnahmen, die bisher durch die verwinkelten Räume vom Tageslicht abgeschnitten war, wurde durch die Entfernung von zwei Säulenreihen und einer abgehängten Decke in eine offene Halle verwandelt. Als letztes, der historische Kellerraum, der bisher als Mischkammer für die Zuluftklimatisierung diente, wurde mit einer weiteren Ebene unterbaut. Der Mischraum selbst, bisher mit Mauerwerkspfeilern in engem Raster ausgestattet, wurde zu einem großzügigen Saal aufgewertet.

Unterstützung durch moderne Planungswerkzeuge

In der ersten Planungsphase verfügte das Parlament nicht über ein vollständiges 3D-Modell, da das Gebäude noch in Betrieb war und eine Innenvermessung ohne Kenntnis des Schichtaufbaus keine verlässliche Grundlage für die Planung geboten hätte. Daher stützten sich Architekten und Fachplaner zu Beginn der Planung auf klassische Gebäudepläne im DWG-Format, die als Grundlage für die Planung von Bau und Instandhaltung des Gebäudes dienten. Schnell wurde jedoch klar, dass für bestimmte Standorte eine räumliche Berechnung und Visualisierung notwendig ist, um die Schnittstellen zwischen Bestand und Neubau möglichst realitätsnah zu untersuchen und den Auftraggebern eine nachvollziehbare Grundlage für ihre Kalkulation zu liefern.

Um dies zu erreichen, wurde ein Datenaustausch zwischen Allplan und SCIA implementiert. Dies ermöglichte die interne Bearbeitung der Gitterschale für die Glaskuppel und der verschiedenen Treppenhäuser, die zum Teil nur durch tragende Gewichte unterstützt werden. Während der Bauphase wurden nach dem Rückbau des bestehenden Geschosses Höhenunterschiede in den Schalen festgestellt, die aufgrund des geringen Freiraums auf der neuen Oberkante des fertigen Geschosses eine sehr genau angepasste Planung erforderten. Hier erstellten die Planer auf Basis einer 3D-Punktwolke ein BIM-Modell, das als Grundlage für die weitere Planung diente. Der Datenaustausch erfolgte über die IFC-Schnittstelle. Neben dem Austausch von großen Planungsflächen auf BIM-Ebene wurde Allplan auch als für 2D-Darstellungen zur Detaillierung eingesetzt.

Projekt mit Klimaschutzpreis ausgezeichnet

Die Energie- und Umweltqualität des Gebäudes und seiner Versorgungseinrichtungen wurde im Rahmen des Programms des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie „Klimaaktiv“ und ÖGNB (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) nach dem Kriterienkatalog für die Sanierung von denkmalgeschützten Bürogebäuden erstmals mit der Höchstnote "Gold" bewertet. Um Energie zu sparen, wurden rund 11.000 Quadratmeter Dachfläche, 7.000 Quadratmeter Kellerdecken und 740 historische Fenster gedämmt, wodurch der Heizbedarf des Parlaments um 55 Prozent gesenkt wurde. Die erfolgreiche Sanierung des Wiener Parlamentsgebäudes zeigt, dass nachhaltiges Bauen und Denkmalschutz Hand in Hand gehen können und zeigt, wie die Zusammenarbeit zwischen Architekten, Fachplanern und Bauexperten zu außergewöhnlichen Ergebnissen führen kann.