Recycling: Bauen mit Abfall

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Abfall ist eines der größten Probleme, die mit unserer Konsumgesellschaft einhergehen. Doch auch der vom Wegwerfverhalten ausgenommene und eigentlich auf Beständigkeit ausgelegte Bau ist kein Waisenknabe in Sachen Müll. Tatsächlich produziert die Bauwirtschaft in Deutschland über 50 Prozent des gesamten Abfalls. Darunter fallen auch viele wertvolle endliche Ressourcen. Um diese Lebensadern des Bauwesens zu retten, müssten sie eigentlich rigoros recycelt werden. Oder bieten womöglich auch rezyklierte Abfallprodukte, die in ihrem „ersten Leben“ gar nichts mit Bau zu tun hatten, neue Zukunftsperspektiven für die Branche?



Künstlerische Projekte aus Abfall, etwa in Form temporärer Installationen oder Pavillons, gab es in den letzten Jahren immer wieder zu sehen. Zumeist stehen hier jedoch eher die reine Thematisierung des Müllproblems statt konkrete Lösungen im Vordergrund. Es gibt allerdings auch Forschungsprojekte wie das Waste House der University of Brighton. Der zu 85 bis 90 Prozent aus Bau- und Haushaltsabfällen bestehende Holzbau aus dem Jahr 2014 zeigt, welches Potenzial für die Baubranche im Müll steckt. Einige Firmen machen mit ihren Produkten dieses Potenzial bereits für den Markt nutzbar.

StoneCycling: Ziegel aus Müll

Eine davon ist StoneCycling. Die 2013 von Tom van Soest und Ward Massa gegründete Firma mit Sitz in Amsterdam stellt Ziegel unterschiedlichster Couleur aus Abfall und Bauschutt her. Derzeit bietet das Startup 19 Produkte an, von denen jedes nach einem eigenen, geheimen Rezept hergestellt wird. Die Ziegel bestehen zu 60 bis 100 Prozent aus Abfall, wobei die hundertprozentigen den Großteil ausmachen. Die Zutaten werden aus Fabriken in einem Umkreis von 150 Kilometern bezogen. Durch die kurzen Transportwege spart das Recycling also obendrein Energie ein. Die Ziegel selbst sind alles andere als Müll, sondern entsprechen den geltenden Industriestandards.



Miniwiz: Plastikfassaden

Ein wahrer Pionier in Sachen Bauen mit Müll ist Arthur Huang. Mit seiner 2005 gegründeten Firma Miniwiz heimste der taiwanesische Bauingenieur und Architekt schon so manchen Innovations- und Nachhaltigkeitspreis ein. Kein Wunder, gehen auf diese immerhin zahlreiche Patente für neue Upcycling-Technologien zurück. Diese tragen Namen wie Polli-Ber, Natrilon, Polli-Brick oder Plyfix und basieren zumeist auf recyceltem PET. Hinter Polli-Brick zum Beispiel verbirgt sich ein System aus sechseckigen, PET-basierten Modulen, die sich etwa für den Bau von Vorhangfassaden oder den Innenausbau eignen und dabei nur etwa ein Fünftel von herkömmlichen Vorhangfassaden kosten und wiegen.



Recycelte Dämmstoffe: Polystyrol ade!

Auch im Bereich der Dämmung gibt es inzwischen eine große Bandbreite an verschiedenen Lösungen, die zu einem Großteil auf Rezyklat zurückgreifen können. So bestehen zum Beispiel Zellulosedämmungen bis zu 85 Prozent aus Altpapier. Ebenfalls auf Holz basierende Korkdämmungen können wiederum auf benutzte Weinkorken zurückgreifen. Auch sehr interessant, doch weit weniger bekannt ist das Dämmen mit „ausrangierten Jeans“. Die in Phoenix, Arizona, ansässige Firma Bonded Logic vertreibt mit ihrer „UltraTouch Denim Insulation“ einen ungiftigen und hochwirksamen Dämmstoff, der zu 80 Prozent aus recycelten Baumwollfasern besteht.

Fazit: Potenziale nutzen!

Wie dieser kleine Ausschnitt an Recyclinglösungen zeigt, ist das Potenzial rezyklierter Materialien bereits heute in vielfältiger Weise nutzbar. Nur bleibt es leider viel zu oft noch ungenutzt. Selbst der längst überall bekannte Recyclingbeton wird in Deutschland noch weitgehend verschmäht, und das, obwohl Erfahrungen aus der recyclingfreudigeren Schweiz zeigen, dass rund 90 Prozent des Betonbedarfs über RC-Betone abgedeckt werden könnten. Die deutsche Bauwirtschaft hat durchaus noch Nachholbedarf in Sachen nachhaltigem Bauen. Eine Einstellung, die sich jedoch spätestens dann ändern wird, wenn Primärrohstoffe so knapp und teuer sind, dass man allein schon aus ökonomischen Gründen auf Rezyklat zurückgreifen muss.