Es gibt auch gute Nachrichten aus Katar ... Kaum eine Sportveranstaltung war jemals im Vorfeld schon so umstritten wie die Fußballweltmeisterschaft in Katar. Sei es nun der Korruptionsskandal um diverse FIFA-Funktionäre, die zu hohen Temperaturen, sklavenähnliche Beschäftigungsverhältnisse für ausländische Bauarbeiter beim Stadionbau oder das ganze Vorhaben an sich, in dem kleinen Wüstenstaat riesige Stadien zu errichten, die wenig später zu nutzlosen Ruinen verkommen werden – die Liste der Negativpresse ist lang. Doch gibt es auch gute Nachrichten. Wie die vom neuen Entwurf für das Ras Abu Aboud Stadion. Dieses wird nämlich nicht nur gebaut, sondern später auch wieder komplett abgebaut werden.
Laut dem Masterplan von Albert Speer und Partner sollten die Ränge der neun neu zu errichtenden Stadien für die WM modular sein. Auf diese Weise sollten rund die Hälfte der jeweils 40.000 Sitze rückgebaut und anschließend in Entwicklungsländern als kleinere Sportstätten wiedererrichtet werden können. Der Entwurf der Arbeitsgemeinschaft aus Fenwick Irribaren Architects, Schlaich Bergermann Partner und Hilson Moran für das Ras Abu Aboud Stadion geht da noch einen Schritt weiter. Dieser sieht ein komplett modulares Bauwerk vor, das zu hundert Prozent rückgebaut und wiederverwendet werden kann. Ermöglicht wird dies durch eine spezielle Stahlrahmenkonstruktion und modifizierte Schiffscontainer.
Hochregal-Konstruktion
Die Primärkonstruktion gleicht einem Hochregallager, in welches alle Funktionen des Stadions einsortiert werden. Letztere, sprich Tribünen, Verkaufsstände und Sanitäreinrichtungen, sind dabei in als Schiffscontainer zertifizierten Modulen untergebracht. Diese Konstruktion erlaubt einerseits einen äußerst schnellen Bau – das Stadion wird innerhalb von drei Jahren fertiggestellt werden -, bei dem weniger Material benötigt sowie weniger Abfall und CO2 produziert werden als bei herkömmlichen Konstruktionen. Andererseits gestattet sie aber auch einen partiellen oder kompletten Rückbau.
Ein Stadion auf „Welttournee“?
Das Stadion könnte, nachdem es nicht mehr gebraucht wird (nach dem Viertelfinale), entweder um Teile reduziert oder ganz abgebaut werden. Aus den Bestandteilen ließen sich dann entweder mehrere kleine Stadien und multifunktionale Arenen an verschiedenen Orten oder das komplette Stadion an einem neuen Standort wiederaufbauen. Theoretisch könnte es in weiteren Weltmeisterschaften eingesetzt werden, quasi auf „WM-Tournee“ gehen. Das heißt, solange der Transport gesichert ist. Denn auch in Katar passt das Design nicht nur optisch perfekt zur Hafenlage. Die Nähe zu Dohas Hafen bietet gleichzeitig die perfekte Infrastruktur für das Schiffscontainer-Stadion, sowohl für den Auf- als auch für den Abbau.
Fazit
Architektonische Experimente mit Schiffscontainern waren in jüngster Vergangenheit keine Seltenheit. Vermutlich waren die meisten davon jedoch selten so nachhaltig wie das Ras Abu Aboud Stadion. Tatsächlich erhielt der mobile Sportbau schon während der Planung eine 4-Sterne-Zertifizierung nach dem GSAS (Global Sustainability Assessment System). Neben dem hervorragenden Nachhaltigkeitskonzept ist allerdings auch das Design an sich eine ausgezeichnete Wahl für den Hafenkontext. Alles in allem spricht also einiges dafür, dass das Ras Abu Aboud Stadion schon bald das vielleicht Sinnvollste seiner Art sein wird.