Nachhaltige Stadtplanung: Himmelsstadt und Fahrrad-Skyway

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Stadtautobahnen und Schnellstraßen durchpflügen Stadtviertel, entzweien Einkaufsmeilen, spalten Geschäftsbezirke. Sie bringen Stau, Lärm und Luftverschmutzung in die Innenstädte weltweit. Anwohner würden automobile Verkehrsadern oftmals am liebsten ganz aus dem Stadtbild entfernt sehen. Aber die infrastrukturellen Bedürfnisse unserer heutigen Auto-Gesellschaften lassen das zumeist nicht zu. Zwei Möglichkeiten bleiben: aus dem notwendigen Übel einen integralen Bestandteil für Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität in unseren Metropolen machen oder auf alternative Fortbewegung setzen. In beiden Fällen ist eine nachhaltige Stadtplanung gefragt. Wir verraten Ihnen, welche visionären Konzepte sie für Los Angeles, London und das chinesische Xiamen vorsieht – oder bereits umgesetzt hat.



Der Himmel über LA

Los Angeles ist ein Gigant. Im Herzen der kalifornischen Metropole kreuzen sich Freeway 101 und Freeway 110. Dabei trennen sie vier Quadranten ab, die räumlich und sozio-kulturell voneinander losgelöst nebeneinander herleben: Downtown, Chinatown, Echo Park und Temple-Beaudry. Dazwischen liegen 11 Hektar innerstädtisches Niemandsland brach. Ein visionäres Projekt für nachhaltige Stadtentwicklung soll dafür sorgen, dass zusammenwächst, was zusammengehört: das „Skyvillage for Los Angeles“. Der Architekt Ziwei Song verdiente sich damit 2014 eine „Honorable Mention“ als Auszeichnung im jährlich stattfindenden Wolkenkratzer-Wettbewerb des US-amerikanischen Architekturmagazins eVolo. Die Himmelsstadt macht das Brachland zum architektonischen Organismus über dem Autobahnkreuz. Sie verbindet dabei nicht nur die vier Stadtviertel und fördert kulturellen Austausch, soziale Interaktion und kommunale Gemeinschaft. Die riesigen, mit Pflanzen bestückten Filtertürme, die das „Skyvillage“ wie Stelzen tragen, säubern gleichzeitig die Luft von Abgasen, die der Verkehr darunter produziert.

Radeln in der Höhe in Xiamen

Futuristische Himmelsstädte – auto-, lärm- und abgasfrei – sind eine schöne Vision. Die Konzepte setzen sich sprichwörtlich über die Probleme des großstädtischen Zusammenlebens hinweg. Visionär und zugleich Realität ist der „Bicycle Skyway“, ein spektakulärer Radweg in luftiger Höhe, auf dem die Bewohner der südostchinesischen Küsten-Metropole Xiamen bei ihrem täglichen Weg durch die Stadt dem Stau entgehen. Auf 7,6 Kilometern verläuft der fast fünf Meter breite Fahrrad-Skyway über dem Autoverkehr und unter der Schnellroute für Busse durch die City. Xiamen verfügt damit über den längsten erhobenen Radweg der Welt. Fahrradfahrer können an elf Stellen auf- oder abfahren – unter anderem an verschiedenen U-Bahnhöfen und Einkaufszentren. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf der symbolisch grünen Fahrbahn: 15 km/h. Dank nachhaltiger Stadtentwicklung bewegen sich die Einwohner hier staufrei durch die Innenstadt und tun gleichzeitig etwas für die Luftqualität.

Bikepath-Utopie für London

Die Architekten haben mit dem “Bicycle Skyway” in Xiamen eine für China einmalige Lösung gefunden – der Radweg in luftigen Höhen ist deshalb Vorbild für Großstädte weltweit. Auch in London ist die Verkehrssituation dramatisch. Wenn die Lebensqualität für Londoner verbessert und eine neue Generation von Radfahrern in den Sattel gebracht werden soll, muss das Fahrradfahren eine sichere und vor allem attraktivere Option werden – davon ist Sir Norman Foster überzeugt. Mit dem „SkyCycle“ hat der britische Star-Architekt ein ehrgeiziges Projekt angestoßen: Der 220 Kilometer lange Radweg mit über 200 Auf- und Abfahrten soll dem Schienennetz des Londoner Nahverkehrs folgen und für über sechs Millionen Menschen sinnvoll nutzbar sein. Vorerst trifft seine nachhaltige Stadtplanung allerdings das Los vieler ähnlich ambitionierter Vorhaben: Sie bleibt eine Vision.

Los Angeles, Xiamen und London zeigen: Nachhaltiger Stadtplanung gehört die Zukunft – und mancherorts bereits die Gegenwart. Dabei eröffnet besonders die Planung in die Höhe neue, faszinierende Perspektiven.