Mit CampusRO erhält Rosenheim ein architektonisches Highlight mit vorbildlichem Nachhaltigkeitskonzept, das ohne BIM und eine integrale Planung nicht möglich gewesen wäre.
Normalerweise macht die Stadt Rosenheim vor allem als Schauplatz regelmäßiger Mordfälle in der fiktiven Fernsehwelt der Rosenheim Cops von sich reden. Viel spannender als die obligatorische „Leich‘“ im Vorabendprogramm ist derzeit aber - zumindest aus baufachlicher Sicht - die reale Welt als Schauplatz wegweisender Architektur. Die Rede ist vom neuen CampusRO nahe der Technischen Hochschule Rosenheim. Das Projekt für studentisches Wohnen von ACMS Architekten überzeugt nicht nur architektonisch mit einer Siedlungsstruktur im Kleinen, sondern auch mit einem umfassenden Nachhaltigkeitskonzept, das von der DGNB mit Platin ausgezeichnet wurde. Ausschlaggebend für den Erfolg dieses Vorzeigeprojektes war die integrale Planung mit BIM inklusive einer engen Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten - insbesondere auch unter Einbeziehung der Ausführungsseite während der Planungsphase.
Gestapeltes, grünes Dorf
CampusRO besteht aus einem Wohnheim mit 211 Studierenden-Plätzen in 174 Wohnungen sowie einem Boardinghouse mit zusätzlich 40 Apartments. Die Wohneinheiten umfassen sowohl Einzel- als auch WG- und Familien-Apartments. Das architektonische Konzept sieht eine Siedlungsstruktur aus einem Geflecht von grünen Treffpunkten und anderen sozialen Bereichen vor. Unterschiedlich gestapelte und kombinierte Raumeinheiten werden von breiten Laubengängen umschlossen, die gleichzeitig als kommunikative Außenbereiche dienen. Ergänzt werden sie durch verschiedene Dachterrassen und Gründächer sowie weitere Grünflächen im Innenhof. So entsteht ein gestapeltes, grünes Dorf. Weitere Begegnungsmöglichkeiten bieten Gemeinschaftsflächen wie Lernräume, Fitnessbereiche, Multifunktionsräume sowie ein Café und ein Restaurant im Bereich des Boardinghouses.
Umfassendes Nachhaltigkeitskonzept
Die Konstruktion aus vorgefertigten Elementen (Holzwände, Holz-Beton-Verbunddecken, Betonfertigteile) ist, wie auch die vielfältigen Grünflächen, Teil des Nachhaltigkeitskonzepts des Wohnkomplexes. CampusRO ist als KfW-40-plus-Haus und einer Gebäudehülle in Anlehnung an den Passivhausstandard konzipiert. Der Wärmebedarf wird komplett über die Fernwärme der Stadt Rosenheim gedeckt. Eine PV-Anlage mit Batteriespeicher generiert mehr als 70 Prozent des benötigten Stroms. Durch die elementierte Bauweise kann der Campus zudem bei Bedarf sauber rückgebaut und seine Baustoffe weitestgehend wiederverwertet werden.
Von einer alten Halle, die sich zuvor auf dem Gelände befand, wurde die komplette geeignete Altmasse bereits im Neubau wiederverwendet. Auf dem ehemals zu 100 Prozent versiegelten Grundstück wurden zahlreiche neue Grünflächen mit Bäumen, Rasen und Sträuchern geschaffen. Zusammen mit den Gründächern kühlen diese ihre Umgebung und nehmen Regenwasser auf. Zur weiteren Pufferung des Regenwassers wurden unterirdische Rigolen angelegt. Bienennährstauden sowie Nistkästen für Vögel unterstützen zusätzlich die Artenvielfalt vor Ort.
Integrale Planung in enger Zusammenarbeit mit ausführenden Unternehmen
Insgesamt wurde das Nachhaltigkeitskonzept von CampusRO mit einem DGNB-Zertifikat in Platin ausgezeichnet, mit einem beachtlichen Gesamterfüllungsgrad von 85,8 Prozent. Dieses Ergebnis zu erreichen, war kein leichtes Unterfangen. Um den zahlreichen energetischen und konstruktiven Herausforderungen gerecht zu werden, wurde das Projekt bewusst mit BIM geplant. ACMS Architekten nutzten hierzu unter anderem ein Architekturmodell in Allplan. Aufgrund des Pilotcharakters arbeiteten alle Planungsbeteiligten von Anfang an sehr eng zusammen. Der gesamte BIM-Prozess basierte auf Freiwilligkeit und dem Willen aller, etwas Neues lernen zu wollen. Gleichsam wurden auch die ausführenden Unternehmen bereits während der Planungsphase mit ihrer Kompetenz in den Entwicklungsprozess miteinbezogen.
So ermöglichte unter anderem die enge Zusammenarbeit zwischen Rohbau- und Holzbauunternehmen in der Planungsphase die Entwicklung einer hybriden Gebäudestruktur aus tragenden Holzwänden und Holz-Beton-Verbunddecken. Auch konnten etwa Zielkonflikte bei der Dachflächennutzung (Dachterrassen versus Gründächer und PV-Aufstellflächen) optimal gelöst werden.