Herzog & de Meuron bauen in Hangzhou ein ebenso dramatisches wie monumentales Museum für die größte Wasserstraße der Welt: den Kaiserkanal.
Der Kaiserkanal in China ist in Teilen bereits über 2.400 Jahre alt und dennoch, mit einer Länge von mehr als 1.800 Kilometern, die größte Wasserstraße der Welt. Um diesem grandiosen Stück Infrastruktur und Welterbe ein Denkmal in Form eines Museums zu setzen, hatte die Stadt Hangzhou im vergangenen Jahr einen Architektenwettbewerb ausgelobt. Der strahlende Sieger: ein dramatischer kalligraphischer Pinselstrich aus der Feder von Herzog & de Meuron.
Die Vision der Schweizer Stararchitekten erhebt sich auf schmalen Stützen scheinbar schwerelos zwölf Meter über den Boden und interagiert effektvoll mit dem vorüberrauschenden Kanal. Der direkt vom Wasser aus sichtbare Teil des Museums ist als breite Linie einem kräftigen kalligraphischen Pinselstrich nachempfunden. Statt mit Tinte schreiben die Architekten jedoch mit großflächigen konkaven Glaselementen, die das Lichtspiel von sich kräuselnden Wogen imitieren und so die natürliche Schönheit des Kanals hervorheben sollen. Dabei reflektieren sich Kanal und Gebäude gegenseitig und treten in einen Dialog aus Licht und Bewegung.
50.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche
In jenem schwebenden Baukörper ist das eigentliche Museum untergebracht, das die Geschichte des Meisterwerks antiker Ingenieurbaukunst erzählen wird: von dessen monumentaler Konstruktion, seiner Rolle für die Landwirtschaft in Chinas östlicher Ebene, seiner Bedeutung für die Kommunikation im kaiserlichen China und kulturellen Ausstrahlung bis heute. Darunter formieren sich zwischen den filigranen Stützen öffentliche Plätze, die vom Schatten des Kulturbaus profitieren, ebenso wie ein großer Ball- und ein Bankettsaal hinter einer schleierartigen Glasfassade. Das Museum darüber wird auf zwei identischen, aber potentiell unabhängig voneinander agierenden Geschossen 50.000 Quadratmeter an Ausstellungsflächen bieten.
Berg und Pinselstrich
Hinter dem reflektierenden Pinselstrich soll ein bergähnlicher Hotel- und Kongresszentrumskomplex entstehen. In diesem Bild – Wasser im Vorder-, Berg im Hintergrund – spiegelt sich laut Herzog & De Meuron ein klassisches chinesisches Ideal für die Integration von Menschen, Gebäuden und ihre natürliche Umgebung wider. Komplementär zum bewegten Glas des Museums zeigt sich der Berg mineralisch und fest. Neben dieser Analogie manifestiert sich eine weitere in der geplanten Landschaftsarchitektur rund um den Museumkomplex. Die verschiedenen Pflanzensorten sind so angelegt, dass sie die Flora der unterschiedlichen Regionen Chinas repräsentieren, die der Kanal miteinander verbindet. Ein zusätzlicher Park auf dem Museumsdach dient – neben einem atemberaubenden Ausblick aus dem Grün – einem nachhaltigen Regenwassermanagement.