Energetisch intelligent - So setzt das Klinikum Frankfurt Höchst neue Standards

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Der Neubau des Klinikums Frankfurt Höchst erfüllt als erstes Krankenhaus Europas den Passivhausstandard. Das Interessante daran: Bisher gibt es noch keine fest definierten energetischen Kriterien für diese Art von Gebäude. Doch der Auftraggeber, die Stadt Frankfurt am Main, wollte zukunftsweisend bauen. Deshalb entschied sich das Planungsbüro wörner traxler richter für die BIM-Arbeitsweise und eine Energiesimulation in 3D. In diesem Beitrag erfahren Sie, vor welchen Herausforderungen die Architekten und Ingenieure standen und wie sie diesen Klinikbau erfolgreich durchführen.



Rohbau des Krankenhauses fast fertig

Im Westen Frankfurts entsteht derzeit ein neues sechsgeschossiges Klinikum mit Hubschrauberlandeplatz, das aus vier Querriegeln besteht. Der Rohbau wird im Spätherbst 2017 fertiggestellt sein. Die Inbetriebnahme ist für das erste Halbjahr 2019 geplant. Das 236,7 Millionen Euro teure Projekt umfasst eine Bruttogeschossfläche von rund 79.000 Quadratmetern und eine Nutzfläche von etwa 34.500 Quadratmetern. Verantwortlich für das Bauvorhaben ist die wörner traxler richter planungsgesellschaft mbH.

Energetische Herausforderungen im Klinikalltag

Das Besondere an diesem Projekt: Das Krankenhaus soll den Passivhausstandard erfüllen, was realisiert wird über seine kompakte Architektur, hohe Luftdichtheit sowie durch die Fassaden und Fenster, die für Passivhäuser geeignet sindDemgegenüber stehen die spezifischen Herausforderungen an den Energiebedarf im Klinikalltag:

Die Beleuchtung in den Pflegezimmern, Arbeitsräumen und Fluren muss die Arbeit des Ärzte- und Pflegepersonals Tag und Nacht gewährleisten.An den Betten sind zusätzliche Anschlüsse für Strom und Atemluft notwendig.Die Aufzugskapazitäten müssen den Verkehr von Betten, Patienten, Besuchern und Logistik berücksichtigen.Die Verkehrsflächen müssen eine ausreichende Größe vorweisen, damit ein ungehindertes Arbeiten möglich ist.Aufgrund der besonderen Versorgung in Krankenhäusern müssen verzweigte Warmwasser- und Lüftungskanalsysteme installiert werden.



Interdisziplinäre Kooperation aus Fachplanern und Projektbeteiligten

Um diese Herausforderungen meistern zu können, war und ist also eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig. Das Planungsbüro entschied sich deshalb für die ganzheitliche BIM-Arbeitsweise in Kombination mit der CAD-Software ALLPLAN Architecture und der CAFM-Software ALLPLAN Allfa (Computer-Aided Facility Management).

So konnten sie alle Teilmodelle der Fachplaner in ein zentrales Modell integrieren. Jedem Planungspartner stand dafür eine spezifische Eingabemaske zur Verfügung. Über eine IFC-Schnittstelle übertrug wörner traxler richter die Daten anschließend in das Programm Ida-ICE. Dort führten die Planer eine Energiesimulation durch, um das thermische Verhalten des Klinikums während eines Betriebsjahres zu untersuchen. Die gewonnenen Ergebnisse konnten sie in das zentrale Modell zurückführen und so die technische Gebäudeausrüstung optimieren.

 

Immense Energiegewinne durch medizinische Geräte und Menschen

Ein Beispiel für diese Optimierung ist das Belüftungssystem. Medizinische Geräte wie Kernspintomographen oder Röntgengeräte produzieren viel Abwärme. Auch die Menschen, die im Klinikum Frankfurt Höchst arbeiten oder dort behandelt werden, erzeugen rund um die Uhr Wärme. Krankenhäuser haben deshalb eine nutzungsspezifische Leistung von etwa 8 Watt pro Quadratmeter.

Im Vergleich dazu hat ein Wohngebäude einen Wert von 2,1 Watt pro Quadratmeter. Diese Energien lassen sich in Heizenergie umwandeln. Über ein spezielles Belüftungssystem übernimmt die Frischluft die Wärmeenergie der Abluft zu 80 bis 88 Prozent, ohne dass sich beide vermischen.

Neu gebautes Klinikum als Grundstein zukünftiger Passivhaus-Krankenhäuser

Die Stadt Frankfurt plant, nach Fertigstellung des Klinikums Frankfurt Höchst ein Monitoring durchzuführen. Damit lassen sich einerseits die Randbedingungen und Berechnungen für den Passivhausstandard überprüfen. Andererseits können die gewonnenen Messwerte als Grundlage für zukünftige Gebäude eines ähnlichen Typus dienen, um in vielen Städten eine nachhaltige Krankenhausarchitektur entstehen zu lassen. 

Ein Vorreiter für nachhaltige Stadtplanung ist bereits heute die dänische Hauptstadt Kopenhagen.