KI in der Architektur: Kreativitäts-Boost im Entwerfen mit Bildern

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Wie verändert KI die Architektur? Erfahrungen aus der Lehre zeigen klar: Sie befeuert die Kreativität von Architekt:innen bei der Ideenfindung. Und das ist erst der Anfang.

Angesichts der rapiden Entwicklung im Bereich künstlicher Intelligenz braucht es nur wenig Vorstellungsvermögen, um zu begreifen, dass diese Technologie unsere Welt nachhaltig verändern wird. Mittlerweile gibt es praktisch keinen Bereich mehr, in dem KI keine prägende Rolle spielt (oder in naher Zukunft spielen wird). Das gilt in besonderem Maße auch für die Architektur. Für Prof. Michael Holze von der BHT Berlin ist hier der KI-bedingte Wandel bereits greifbar. Im Fach computergestützte Architekturdarstellung entwerfen seine Studierenden mithilfe von KI schon heute wie die Architekt:innen von morgen. Die erstaunlichen Ergebnisse zeigte er zuletzt bei ALLPLAN auf einer virtuellen Konferenz zum Thema KI in der Architektur.

KI unschlagbar in der Ideenfindung

Für Michael Holze ist die Arbeit mit Plattformen wie Dall-e, Midjourney, Stable Diffusion oder PromeAI nichts weniger als bahnbrechend. Auch wenn derlei KI-Modelle momentan noch „lediglich“ ganz am Anfang eines Projekts, bei der Ideenfindung, zum Einsatz kommen. „Die für viele Menschen am schwersten begreifliche Neuerung durch KI ist: Maschinen haben Ideen und generieren Design!“, betont der Architekt. Die intelligenten Tools ermöglichen ein unschlagbar schnelles und visuell hochwertiges Generieren von Ideen zum kleinen Preis. Was früher vieler Stunden Arbeit bedurfte, entsteht nun dank KI innerhalb von Sekunden in höchster Qualität.

Dieses neue Entwerfen mit Bildern beschränkt sich nicht auf einzelne Ansichten. Mit den richtigen Prompts können unter anderem auch Fassaden detailliert, weitere Ausschnitte generiert oder selbst die Innenarchitektur zu einem Gebäudeentwurf bis hin zu einzelnen Möbelstücken erstellt werden. Nicht zuletzt lassen sich zahllose Variationen spielerisch ausloten und überarbeiten, bis das gewünschte Ergebnis gefunden ist. Weitere KI-Tools wie Photoshop Beta ermöglichen eine exakte Nachbearbeitung (beispielsweise über Generative Fill). Ziel ist es, die KI möglichst kontrolliert einzusetzen. Michael Holze zufolge ist es möglich, mit fast absoluter Genauigkeit das anvisierte Ergebnis zu erreichen.

„Die Technologie ist nur so gut, wie die Person, die sie verwendet“, sagt Michael Holze. „Man hat immer die Wahl, es sich leicht zu machen oder seine eigenen Vorstellungen voranzutreiben und den gewünschten Gestaltungsprozess zu durchlaufen und das anvisierte Design zu erzielen. Man sollte nie mit dem erstbesten Ergebnis zufrieden sein, sondern die KI in die Richtung drängen, die man möchte. Ich sehe die Entwicklung der Arbeit mit KI immer unter dem Aspekt, was dabei herauskommt, vor dem Hintergrund der Baukunst.“

„Architekturalisierungen“ mittels KI

Neben dem reinen Prompten gibt es auch die Möglichkeit, physische Objekte oder skizzenhafte Zeichnungen mittels KI zu „architekturalisieren“. So lässt sich mit KI-Plattformen wie LookX AI oder Stable Diffusion etwa über ein Foto von einem grob gebauten Modell oder über eine simple Skizze eine detaillierte Visualisierung erstellen. Dabei wird quasi mit einfachsten Mitteln ein fertiges hochwertiges Rendering erstellt, das der weiteren Architekturdiskussion dienen kann. Ebenso gut können aber auch einfache CAD-Zeichnungen oder parametrische Studien direkt in ein Rendering transformiert und für städtebauliche Studien genutzt werden.

Ist KI in der Architektur kreativ?

Dieser enorme Nutzen von künstlicher Intelligenz in der Architektur beginnt bereits in der Ausbildung. Um das, wozu KI Studierende mehr oder weniger unmittelbar befähigt, ohne diese Hilfe technisch umzusetzen, bräuchten sie normalerweise mindestens ein ganzes Semester mehr. Einen großen Vorteil sieht Michael Holze auch darin, dass KI die so wichtige Passion beflügelt. Schlechte Studierende würden durch KI besser, gute schwüngen sich zu Höchstleistungen auf.

Aber ist die Arbeit mit KI wirklich kreativ? Laut Michael Holze wird die Kreativität der Architekt:innen durch künstliche Intelligenz inspiriert und beschleunigt. KI kann ein Werkzeug dafür sein, die eigene Vision (von Architekt:innen) möglichst effizient und realistisch Gestalt annehmen zu lassen. Der iterative Weg dorthin ist dabei nicht selten mit viel Fleiß und Durchhaltevermögen verbunden. Ziel der Ausbildung in der Architektur mit KI ist es letztendlich, die Entscheidungskompetenz der Studierenden zu fördern – denn die ist wesentlich, um aus den zahlreichen Lösungen die Richtige zu erkennen.

Lücke zwischen Entwurf und Ausführungsplanung schließen

Michael Holze ist sich sicher, dass der kreative Schaffensprozess von Architektur in Zukunft durch die Linse künstlicher Intelligenz erfolgen wird. Während die Held:innen der Zunft früher begabte Zeichner:innen waren, verschiebt sich mit KI die Baumeisterschaft von heute und morgen in die Drei- und Vierdimensionalität (Animation). Der nächste Schritt ist es nun, dass KI über die fantastischen Bildentwürfe hinaus auch Informationen zur Materialisierung, Detaillierung und letztlich zum Bau liefert und somit die Lücke zwischen Entwurf und Ausführungsplanung schließt.