In der Regel spricht man von einem geschichtsträchtigen Gebäude, wenn ein Bauwerk besonders alt ist und dementsprechend schon „viel gesehen“ hat. Oder aber es ist eine Lokalität, die bei bestimmten historischen Ereignissen eine bedeutende Rolle gespielt hat. Es gibt allerdings auch Gebäude, die auf eine ganz andere Art „geschichtsträchtig“ sind, nämlich indem sie Geschichte buchstäblich verkörpern. Ein Beispiel dieses besonderen Typus wird das House of Delft. Dieses wird nicht nur äußerlich moderne Interpretationen historischer Heimstätten lokaler Pioniere vereinen, sondern zugleich Räume für Pioniere der Zukunft bieten.
House of Delft
Delft ist eine tolle Stadt, die so manch schillernde Persönlichkeit hervorgebracht hat. Die Liste historischer Innovatoren etwa zählt Namen wie Hugo Grotius, den „Vater des Völkerrechts“, oder Antoni van Leeuwenhoek, den Erfinder des Mikroskops. House of Delft ist eine Ode an solche lokalen Pioniere, deren Geschichten gleichsam das gestalterische Fundament des Gebäudes bilden. So ehrt das Haus deren außerordentliche Leistungen im Handwerk, Wissenschaft, Kunst und Technologie, indem es zehn Fassaden historischer Häuser, die einst von einigen von Delfts Pionieren bewohnt wurden, aufgreift und neu interpretiert. Diese zehn unterschiedlichen Fassaden erzählen die Geschichten dieser Helden, wie sie lebten und arbeiteten.
„Historische“ Fassade
Am schmalen Ende nimmt House of Delft die 20 Meter aufragende Form dreier Häuser an. Diese stehen mit dem Pionier der niederländischen Ostindien-Kompanie Jan Joost van Lodesteyn, dem bereits erwähnten Hugo Grotius sowie dem Seefahrer Piet Hein in Verbindung. Auf der Längsseite präsentiert das Gebäude ein Triptychon, welches, bestehend aus zwei Zweiergruppen und einer Dreiergruppe, die Silhouetten von sieben weiteren „Häusern“ in einer Glasfassade abbildet.
House of Delft
Zur Linken befinden sich die Mediziner mit dem Heim von Antoni van Leeuwenhoek und dem Theater, wo Anatomen wie Reinier de Graaf experimentierten. Die Kunst- und Handwerksgruppe in der Mitte bilden die Delfter Bibel (das erste gedruckte Buch in Niederländisch), das Haus aus dem Gemälde „Die kleine Straße“ von Jan Vermeer und der Laden De Porceleyne Fles (die Porzellanflasche). Die rechte Gruppe ist den Gründern der Niederlande und Delfts gewidmet und zeigt das Nonnenkloster Sint Agatha, in dem der Prinz von Oranien lebte, und das Koningsveld Nonnenkloster, das 1271 von der Jungfrau Ricardis – einer Gründerin von Delft – erbaut wurde.
Nicht (nur) von gestern
Doch im House of Delft geht es nicht nur um die reine Glorifizierung einer goldenen Vergangenheit. Das Haus soll gleichsam Wohnungen und Werkstätten für Wissensarbeiter bieten, die vor dem Hintergrund historischer Errungenschaften ihrerseits möglichst Historisches schaffen mögen. Diese neuen Pioniere wird man dann hinter der Glasfassade wie in einem Schaufenster beim Leben und Arbeiten beobachten können. Auf diese Weise fördert und feiert Delft sich selbst als historischen und aktuellen Standort für Handwerk, Wissenschaft, Kunst und Technologie. Und das natürlich in prominenter Lage: Für Reisende, die am Hauptbahnhof in Delft ankommen, wird House of Delft gleich das Erste sein, was sie erblicken.
Ganz fertig ist der Entwurf für das repräsentative Gebäude noch nicht. Die Pläne sollen jedoch noch in der ersten Hälfte dieses Jahres präsentiert werden. Zu dieser Präsentation sind dann auch alle neuen Pioniere wärmstens eingeladen, um mit frischen Ideen zu diesem Projekt beizutragen, wenn es 2020 seine Pforten öffnet.