Holzbeton: Alter Baustoff neu entdeckt

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Holz und Beton sind zwei Baustoffe, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Jeder hat seine ganz eigenen Qualitäten, seine Vor- und Nachteile im Vergleich zum anderen, und so ist es meist eine Grundsatzfrage, ob man nun mit dem einen oder anderen baut. Gleichwohl erfreuen sich mittlerweile auch Kombinationen von Bauteilen aus beiden Materialien großer Beliebtheit. Wesentlich seltener ist hingegen der spezielle Einsatz beider im Verbund – als Holzbeton. Bislang wurde dieser hauptsächlich für nichttragende Bauteile, etwa im Innenausbau oder der Fassadengestaltung, verwendet. Wissenschaftler des Nationalen Forschungsprogramms Ressource Holz in der Schweiz haben nun den Verbundstoff auch für tragende Wände und Decken weiterentwickelt.

Verbundstoffe aus Holz und Zement gibt es nicht erst seit gestern. Bereits in den 1930ern ließ sich der Niederländer Richard Handl ein „Verfahren zur Herstellung eines Leichtbaustoffes aus Holzabfällen und Zement“ patentieren. Im Zweiten Weltkrieg wurde in Deutschland Holzbeton im Wohnungsbau eingesetzt. Die Kompensation kriegsbedingter Zementknappheit durch Substitute wie Braunkohleschlacke war aufgrund eines schlechten Feuchtigkeitsschutzes jedoch nur bedingt erfolgreich. In der DDR hingegen ließen sich durch nichttragende Platten aus einem besseren Holzbetongemisch eine gute Wärme- und Trittschalldämmung erzielen.

Zeitgenössischer Holzbeton

Mit dem allgemein gestiegenen Bewusstsein für Nachhaltigkeit der letzten Jahre wurde auch das Interesse an Holzbeton wiederbelebt. So wird etwa seit Anfang des Jahrtausends an der TU München zu Holzleichtbeton geforscht. Im Fokus liegen hier die Potentiale im Brandschutz und der optischen Gestaltung für Fassaden und den Innenausbau. Andernorts, an der Bauhaus Universität Weimar, wurde wiederum zwischen 2009 und 2010 mit dem green:house ein Experimentalbau aus einem Holzbeton errichtet, der die positiven bauphysikalischen Eigenschaften von Holz (wie Diffusionsfähigkeit) und Beton (z. B. Schalldämmung) miteinander vereint und sich gleichzeitig wie Holz vorfertigen und in Rahmenbauweise verarbeiten lässt. Der Verbundstoff besteht hier ausschließlich aus Holzhäckseln und Zement.

Das Novum: tragfähiger Holzbeton

Das erste in einem Leichtbauverfahren errichtete komplette Holzbetonhaus steht also bereits. Nun haben jedoch Wissenschaftler im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Ressource Holz“ (NFP 66) in der Schweiz einen tragfähigen Holzbeton entwickelt, der sich sogar als Ersatz für normalen Beton im Massivbau eignen würde. Feingeschliffenes Holz ersetzt hier den sonst üblichen Kies und Sand. Die Forscher experimentieren dabei mit verschiedenen, unterschiedlich schweren Zusammensetzungen, die allerdings alle höchstens halb so viel wiegen wie normaler Beton. In der leichtesten Mischung beträgt der Volumenanteil des Holzes über 50 Prozent und das Gewicht des Holzbetons ist so gering, dass er sogar auf Wasser schwimmt.

Neben dem geringen Gewicht zeichnet sich der neue Holzbeton im Vergleich zu gewöhnlichem Beton durch einen erhöhten Brandschutz und eine verbesserte Wärmeisolierung aus. Darüber hinaus wirkt sich der Holzanteil natürlich auch in puncto Ökologie positiv aus. Nicht zuletzt besitzt Holz gegenüber Sand und Kies den großen Vorteil, dass es nachwächst. Obendrein lässt sich aus Holzbeton nach dem Abbruch in der Müllverbrennung noch Energie gewinnen.

Fazit

An sich schon ein überaus interessanter Verbundstoff, der die Vorteile zwei höchst unterschiedlicher Materialien in sich vereint, könnte der ökologisch verträglichere Holzbeton auf lange Sicht herkömmlichen Beton vielfach ersetzen. Bis der neuentdeckte alte Baustoff allerdings tatsächlich im Bau „zum Tragen“ kommt, dürfte es allerdings noch eine Weile dauern. Im Moment gehen die Forscher des NFP 66 nämlich noch der Frage nach, welche Mischung sich am besten für welchen Zweck eignet.