Dass der Holzbau neuerdings immer kühner wird und sich in immer größere Höhen aufschwingt, haben wir in der jüngeren Vergangenheit mehrfach beobachten können. In Stockholm wird die hölzerne Erschließung der Vertikale nun möglicherweise jedoch bisher ungeahnte Ausmaße annehmen. Hier wurden Anders Berensson Architects damit beauftragt, einen Masterplan für ein neues nachhaltiges Viertel zu entwerfen.
Das Ergebnis würde Schwedens Hauptstadt eine Skyline aus imposanten Wolkenkratzern verleihen – und zwar aus Holz. Hinter dem Projekt stecken Bestrebungen der Stadt zum Umwelt- und Klimaschutz, von denen man sich sowohl hierzulande als auch international getrost eine Scheibe abschneiden könnte.
Wer nach den nachhaltigsten Städten der Welt sucht, kommt an Stockholm nicht vorbei. Die schwedische Metropole wurde 2009 aufgrund ihrer Anstrengungen zur Verbesserung der Umwelt und Lebensqualität in den Bereichen Lärmbelästigung, Wasserqualität, Emissionen und Abfallbehandlung zur ersten Umwelthauptstadt Europas gekürt. Kaum eine andere Metropole tut so viel für das Klima: 2016 hatte Stockholm seine CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 bereits fast um ein Drittel gesenkt. Und die Stadt hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2020 sollen pro Kopf nicht mehr als 2,3 Tonnen CO2 pro Kopf erzeugt werden und bis 2040 fossile Brennstoffe gar komplett aus der Stadt verbannt sein.
„Woodscraper City“ Masthamnen
Ein zentraler Aspekt der Agenda für ein Stockholm ohne fossile Brennstoffe sind neue grüne Stadtentwicklungsprojekte. Für eines davon, die Entwicklung des zentralen Hafenviertels Masthmamnen, hatte die Stockholmer Centerpartiet (Zentrumspartei) Anders Berensson Architects damit betraut, einen Masterplan zu entwerfen. Laut Auftrag sollte Masthamnen das höchste, dichteste und umweltfreundlichste Viertel Stockholms werden. Was das lokal ansässige Architekturbüro schließlich vorlegte, wäre, wenn tatsächlich so umgesetzt, ein beispielloses Pionierprojekt in Sachen Holzbau – und Nachhaltigkeit. Das auffälligste Merkmal des Entwurfs ist dabei ein dichter „Wald“ aus 31 schlanken Holzhochhäusern mit je 25 bis 35 Geschossen.
„Unter- und Oberstadt“
Die Hochhäuser, die wie viele andere Holzhochhäuser aus Brettsperrholz (BSP) gebaut werden sollen, sind nur ein Teil eines mutigen Konzepts, das zwei übereinanderliegende „Städte“ vorsieht. In der unteren Stadt sind 19 sechs- bis zehngeschossige Blöcke mit insgesamt 2.500 Wohnungen, 60.000 m² Bürofläche sowie ca. 90 Läden und Restaurants vorgesehen, die von Straßen und einem lebendigen Hafen umgeben sind. Diese Blöcke tragen wiederum die (obere) Skyscraper-City, welche ihrerseits weitere 3.000 Apartments sowie etwa 30 Gewerbe- und Gastronomieflächen beherbergt.
Masthamnen befindet sich in einem Tal zwischen Drei Hügeln. Wer sich dem Viertel nähert, befindet sich daher oftmals auf einer Ebene mit den Dächern der unteren Stadt. Aus diesem Grund sind auf den Blocks öffentliche Parks um die Hochhäuser herum angelegt, die über Brücken miteinander verbunden werden. Die Blocks und Brücken knüpfen dabei an bereits bestehende, hoch verlaufende Promenaden auf den Hügeln an und bilden mit diesen eine attraktive, öffentliche grüne Landschaft.
O wie grün ist Stockholm
Inwieweit oder ob der Masterplan überhaupt umgesetzt werden wird, ist bislang ebenso wenig bekannt, wie welche Maßnahmen neben der Holzbebauung noch zur Umweltfreundlichkeit des Viertels beitragen sollen. Die Masthamnen-Entwicklung ist allerdings nur eine von mehreren ihrer Art, die Stockholm bis 2030 zum (inoffiziellen) Titel „Umwelthauptstadt der Welt“ verhelfen sollen. Genannt sei etwa der „Royal Seaport“ – Schwedens größtes Stadtentwicklungsprojekt, das dank innovativer Verkehrsplanung, Abfallentsorgung, nachhaltigem Bauen und vielen weiteren Maßnahmen bis zu 80 Prozent weniger CO2 erzeugen könnte als der Rest Stockholms. Wären alle Metropolen der Welt ähnlich ehrgeizig, könnte man beim nächtlichen Gedanken an die globale Erwärmung doch glatt wieder besser schlafen.