Mit innovativen Bautechniken wird der Neubau für Deutschlands größtes Freilichtmuseum CO2-neutral und zum Leuchtturmprojekt nachhaltigen Bauens.
Ein westfälisches Dorf im Wandel von Zeit und Kultur ist das LWL Freilichtmuseum in Detmold und mit seinen rund 120 historischen Gebäuden zugleich das größte seiner Art in Deutschland. Unter – oder besser vor – diesen Häusern soll demnächst noch ein Neubau hinzukommen, der in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten vermutlich selbst als Zeugnis der Baukultur der frühen 2020er bleiben wird. Diese heute noch zeitgenössische Ära wird dann hoffentlich als jene betrachtet werden, in der sich nachhaltiges Bauen endlich etablierte. Das neue „Tor“ zum Freilichtmuseum könnte hierfür jedenfalls gut herhalten. ACMS Architekten aus Wuppertal planen, das Gebäudeensemble als Leuchtturmprojekt nachhaltigen Bauens zu errichten, und streben unter anderem eine Zertifizierung mit DGNB Platin an.
Baugeschichte und innovative ökologische Baukultur vereint
Die Funktion des neuen Eingangs- und Ausstellungsgebäudes besteht in der „didaktischen Vermittlung bauökologischer Zusammenhänge im historischen Kontext des Freilichtmuseums“. Dabei soll es praktisch Baugeschichte und innovative ökologische Baukultur miteinander vereinen – ersteres als Ausstellungshülle, letzteres als erlebbares Anschauungsobjekt. Von den 5.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche sind etwa 900 Sonderausstellungen vorbehalten.
Ganzheitlich nachhaltiges Konzept
Das ganzheitlich nachhaltige Konzept des Ensembles sieht unter anderem eine kreislaufgerechte Verwendung von nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen wie etwa Holz, Lehm oder Stroh sowie eine intelligente Gebäudestruktur und -konstruktion vor. Diese Bestandteile des Nachhaltigkeitskonzepts sind so optimiert, dass die anlagentechnische Unterstützung, die Museen häufig ressourcen- und emissionsintensiv macht, deutlich minimiert wird, ohne dabei den klimatisch-konservatorischen Standard einzuschränken. Der Energiebedarf der drei Baukörper soll komplett durch regenerative Energiequellen gedeckt werden.
Neutrale CO2-Bilanz
Zahlreiche weitere Maßnahmen – insbesondere die Verwendung emissionsarmer und recycelbarer Baustoffe – sollen dazu beitragen, dass der Neubau eine neutrale CO2-Bilanz über seinen Lebenszyklus aufweist. Hierzu zählen etwa tragende Stampflehmwände (mit Ressourcenverfügbarkeit aus der Baugrube), leim- und stahlfrei verbundene, wiederverwendbare Vollholzlamellenträger, CO2-reduzierte Betonrezepturen sowie eine Regenwassernutzung für das Brauchwasser sowie die Gebäudekühlung. Ebenso werden die Gebäude über eine passive Zuluft-Temperierung durch Erdkanäle und adiabate Kühlung, geothermisch gespeiste Bauteilaktivierung, eine Stromversorgung der Wärmepumpen über eine 350 kWp starke Photovoltaikanlage sowie ein KI-gestütztes selbstoptimierendes Energiemanagement verfügen.
Vorzeige- und Modellprojekt
Der Museumsneubau, übrigens mit ALLPLAN geplant, ist nicht nur ein Vorzeige-, sondern auch ein Modellprojekt. Die Planung zur Entwicklung der innovativen Bautechniken wird von dem Forschungsvorhaben ECOSIGHTS der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, der Hochschule Bochum, der VHT Darmstadt und Weiteren begleitet. Im Rahmen des Forschungsprojekts werden „architektonische und bauklimatische Maßnahmen zum Bau und Betrieb nachhaltiger Museen“ entwickelt. Der innovative Ansatz im Speziellen und das Bauvorhaben im Allgemeinen erhalten mitunter Förderungen durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Städtebau- und Kulturförderung sowie durch die REGIONALE 2022 („UrbanLand“).