Wer glaubt, Fußgängerbrücken seien simple Konstruktionen, irrt gewaltig. Die Wahrheit ist vielmehr: Sie sind leicht und voller Witz.
Daniel Hopkinson, Media City Footbridge
Im Vergleich zu anderen Übergängen haben Fußgängerbrücken oftmals einen entscheidenden Vorteil: Sie haben schlicht nicht viel zu tragen. Infolgedessen können sie selbst äußerst schlank und leicht konstruiert werden, was ihnen wiederum spezielle gestalterische und mechanische Möglichkeiten erschließt. So manches Ingenieurbüro weiß letztere auf besonders gewitzte Weise auszunutzen.
Leichtigkeit mit „Drehmoment“: Media City Footbridge
Ein Exemplar solch verblüffender gebauter Leichtigkeit ist die Media City Footbridge bei Manchester. Diese verbindet den Hauptkomplex der namensgebenden MediaCityUK in Salford mit dessen Satellitengebäuden auf der Stretforder Seite. Die Silhouette des 100 Meter langen Bauwerks ist so schmal, dass sie aus der Ferne wohl leicht übersehen werden würde, wäre da nicht der fächerartige Pylon, der die Schrägseilbrücke von weitem ankündigt. Noch verblüffender als die unglaubliche Feinheit dieses Übergangs ist jedoch seine Ausführung als Drehbrücke. Der Angelpunkt befindet sich nämlich äußerst nah am Ufer, wodurch der größte Teil der Brücke in einer enorm ausladenden Bewegung über den River Irwell schwingt.
Londons Bewegungskünstler: Rolling Bridge und Fan Bridge
Der filigrane Hingucker von Wilckinson Eyre aus dem Jahr 2011 ist nicht die einzige Brücke im Vereinigten Königreich, die mit ihrer Leichtigkeit spielt. In London gibt es gleich zwei Fußgängerbrücken in unmittelbarer Nähe zueinander, die sich ihr geringes Gewicht durchaus für einen gewissen mechanischen Showeffekt zunutze machen. Die Erste davon ist die 2004 von Heatherwick Studio entworfene Rolling Bridge am Paddington Basin. Der 12 Meter lange Übergang besteht aus acht dreieckigen beweglichen Segmenten. Diese ermöglichen es der Brücke, sich wie eine Kellerassel zusammenzurollen und so den schmalen Kanal für Boote freizugeben. Das dabei entstehende Achteck erinnert ein wenig an ein Hamsterrad.
Zehn Jahre später erhielt die Rolling Bridge eine ähnlich pfiffige und einzigartige Schwester gleich um die Ecke. Die Merchant Square Footbridge von Knight Architects befindet sich keine 200 Meter entfernt. Im Volksmund wird sie auch „Fan Bridge“ (zu Deutsch „Fächerbrücke“) genannt. Ein Spitzname, der sich, wie auch bei der Rolling Bridge, auf die Art und Weise bezieht, wie sie den Wasserweg freigibt. Bei Öffnung der Brücke klappen nämlich in eleganter Weise nach und nach einzelne Segmente wie ein Fächer auf.
Ravelijn-Brücke, Bergen op Zoom
Dicht am Wasser gebaut: Ravelijn-Brücke
Die Ravelijn-Brücke in der niederländischen Stadt Bergen op Zoom gibt nicht den Weg für Boote frei, sie imitiert sie. Das hölzerne Bauwerk wurde 2014 von RO& AD Architecten kreiert, um eine Festungsinsel mit dem Stadtzentrum zu verbinden und zusätzlich zu einer bereits vorhandenen Brücke einen weiteren Fluchtweg von der Insel zu schaffen. Die Brücke schwimmt auf dem Wasser und beschreibt dabei schlängelnder Weise die 80 Meter lange Route, die einst Versorgungsboote zur Festung nahmen. Ihre konvexe Form führt sie maximal an die Wasseroberfläche heran, sodass keine Spiegelung der Brücke entsteht. Im Winter kann sie außerdem zum Schlittschuhfahren einfach zur Seite genommen werden.
Alle genannten Fußgängerbrücken sind Unikate mit ikonischem Charakter, die nicht nur „mit Füßen getreten“, sondern auch mit dem einen oder anderen staunenden Blick bedacht werden. Dass zu viel Aufmerksamkeit allerdings auch schnell eine zu hohe Last nach sich ziehen kann, zeigte sich letztes Jahr bei der Zhangjiajie Grand Canyon Bridge.