Wie man durch die Einführung von BIM die Büroeffektivität um 35 Prozent steigert

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Die Baubranche befindet sich im Umbruch: Architektur- und Ingenieurbüros sowie alle beteiligten Disziplinen stehen vor der Herausforderung, mit Building Information Modeling (BIM) eine Arbeitsmethode umzusetzen, bei der Menschen, Prozesse und Werkzeuge über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks zielorientiert zusammenwirken.MUCKINGENIEURE aus Ingolstadt setzen schon länger auf die BIM-Arbeitsweise. Walter Muck, Gründer und Alleininhaber des Büros, über seine Beweggründe für den Umstieg und was er Büros rät, die die Einführung von BIM planen.

© Andreas Teichmann; Walter Muck vor dem E.ON Verwaltungsgebäude beim Kraftwerk in Zolling bei München

Herr Muck, laut Studien zeichnen in Deutschland noch über die Hälfte der Büros in 2D, obwohl es schon längst leistungsfähige Software gibt, die eine BIM-Arbeitsweise ermöglicht. Warum halten Ihrer Meinung nach noch so viele Planungsbüros an der althergebrachten Arbeitsweise fest?

Walter Muck: Der erste Grund ist Trägheit. Seit Verkehrsminister Alexander Dobrindt erklärt hat, dass öffentliche Aufträge erst ab dem Jahr 2020 BIM-orientiert sein müssen, wird die Branche nervös. Viele haben falsche Vorstellungen und denken eine Planung in 3D sei mit BIM gleichzusetzen. Das stimmt natürlich nicht. Hinter BIM steht eine ganz andere, viel komplexere Idee: Es handelt sich um eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden mit Hilfe von Software.

Die Zustimmung zu BIM ist nach wie vor verhalten. Studienergebnisse zeigen, dass 83 Prozent der Planer BIM zwar kennen, aber nur 35 Prozent der Befragten BIM gänzlich oder teilweise anwenden.Muss nach Ihrer Meinung die Softwareindustrie in die Pflicht genommen werden, um Aufklärung zu betreiben?

Walter Muck: Tragwerksplaner sind oft nicht innovativ, mit Ausnahmen wohlgemerkt. Viele Kollegen haben vor dem Thema Angst, denn es müssen Investitionen getätigt werden und Ressourcen zur Verfügung stehen. Dies darf nicht halbherzig geschehen. Wer zwanzig Jahre lang erfolgreich in 2D geplant hat, dem fällt es wahrscheinlich schwer, diese Arbeitsabläufe zu ändern. Bis heute wird das CAD häufig wie früher ein Zeichenbrett genutzt. Dabei wird die Zusammenarbeit der Fachplaner dank BIM erst richtig sinnvoll. Fachplaner können mit den Plänen in 3D weiterarbeiten und planen. Der Architekt kann seine Oberflächen integrieren. Somit ist eine Kollisionskontrolle der Gesamtplanung möglich.

Was waren Ihre Beweggründe mit der 3D-Planung zu beginnen und später auf BIM umzusteigen? Mit welchem Projekt hatten Sie den 3D-Einstieg begonnen?

Walter Muck: Ein Projekt für den Energieversorger E.ON‎ war der Startschuss für uns auf 3D umzusteigen. Aufgrund der dreidimensionalen Darstellung konnten wir Kollisionen besser kontrollieren und komplizierte Geometrien leichter beurteilen. Der nächste Schritt war es, aus dem 3D-Modell alle Massen herauszuziehen. Das hatten wir vorher über Excel-Tabellen erledigt, die händisch nachgehalten wurden. Wir hatten bei diesem Projekt auch Fertigteile verwendet und die mussten natürlich genau passen. Es war ein Riesenvorteil, diese Planung in 3D durchzuführen. Schnitte oder Details konnten wir direkt aus dem Modell ableiten, ohne die Grundlagen neu konstruieren zu müssen.



Können Sie eine Aussage zum Verhältnis von Kosten und Nutzen der BIM-Arbeitsmethode treffen?

Walter Muck: Die Einführung von BIM muss mit einem Bewusstseinswandel einhergehen. Das Zeichnen muss man nicht neu lernen, denn die Software ist bei uns die gleiche wie vorher geblieben, ALLPLAN. Das Konstruieren ändert sich nicht. Ich konstruiere sogar oft leichter, da ich im 3D-Modell bewehre, die Bewehrung ist also im Schnitt, im Grundriss und in der Ansicht immer da. Ich mache meine Ableitung und meine Schnitte daraus und bin der Meinung: Es geht effektiv schneller, wenn BIM im Büro eingeführt ist. Wir schätzen im Büro die Effektivitätssteigerung nach der erfolgreichen Einführung von BIM auf 30 bis 35 Prozent, bei bestimmten Teilaufgaben wie Stahlmassenschätzung und -ermittlung sogar auf 85 bis 90 Prozent.

Sie arbeiten auch intern mit BIM, um Transparenz zu schaffen. Sie arbeiten nicht vorranging, um sich durch die Anwendung dieser Arbeitsmethodik einen Kostenvorteil zu erreichen.

Walter Muck: Wir haben wegen der verbesserten Abläufe im Büro mit BIM begonnen. Den Vorteil, dass ich unsere Planungsleistung Dritten gegenüber mit BIM besser kommunizieren kann, ist der nächste Schritt. Der Ursprung war, dass wir den Ablauf im Büro verbessern und die interne Kommunikation unter den Zeichnern und Ingenieuren verbessern wollten.

Was waren Ihre ersten Schritte bei der Implementierung von BIM in Ihrem Büro? Würden Sie rückblickend beim Umstieg auf 3D und später auf BIM etwas anders machen?

Walter Muck: Wir haben 1997 mit der dreidimensionalen Planung begonnen und wieder aufgehört, weil es zu kompliziert war und zu lange dauerte, bis sich das Modell im Computer aufbaute. Vor allem die Hardware, aber auch die Software, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht so weit, wie das heute der Fall ist. Wir haben das 3D-Planen zehn Jahre später, also 2007, erneut aufgenommen. Danach wechselten wir auf die Planungsbibliothek IBD von ALLPLAN. Die Implementierung im Büro wurde dadurch viel einfacher, weil die Bürostruktur und die Bauteildefinitionen stimmten. IBD hat alles auf jeden Fall erleichtert. Ich muss es so sagen: Ich könnte mir keine effektive 3D-Planung ohne die IBD Planungsbibliothek vorstellen.

Man sieht auch die Vorteile, wie die Massenermittlung und die Baumassenschätzung am 3D-Modell. Wir bieten unseren Kunden jetzt auch ein Rohbau-Leistungsverzeichnis mit an. Das hätten wir früher nie gemacht. Unser Leistungsspektrum hat sich erweitert.

Wenn ein Kollege auf Sie zukommt und Sie fragt, wie fange ich mit BIM an, was würden Sie ihm für einen Rat geben?

Walter Muck: Wenn der Kollege ein Tragwerksplaner ist, würde ich ihm sagen: Kauf dir das Modul IBD und lass Dich darauf schulen. Wende das Modul im Allgemeinen an und versuche, Deine Mitarbeiter dahin zu bringen, dass sie mit ALLPLAN IBD ganz normal in 3D arbeiten können. Das sollte funktionieren. Wenn das geschafft ist, dann wird BIM-orientiertes Arbeiten anschließend nahezu automatisch zum Alltag.

Welche Unterschiede gibt es in der BIM-Anwendung zwischen großen und kleinen Büros?

Walter Muck: Auf den ersten Blick sehe ich keinen Unterschied. Gerade für kleine Büros bietet BIM die Chance, dass man mit dieser Methode dezentral zusammen arbeiten kann: Drei kleine Büros können gemeinsam ein großes Projekt bearbeiten. Man kann mit einem einfachen Datenaustausch arbeiten, was vorher gar nicht möglich war.

Und was verraten sie uns über die Zukunft?

Walter Muck: Langfristig werden alle Planer merken, welche Möglichkeiten sich durch die Anwendung von BIM ergeben. Wir arbeiten daran, immer noch mehr Information aus dem BIM-Modell für uns intern aber auch für den Architekten und die übrigen Fachplaner anzubieten. So füllt bei uns z.B. der Ingenieur während der Erstellung der Statik im BIM-Modell die Bauteile mit Informationen wie Betongüte, Expositionsklasse, etc., so dass die Erstellung des Positionsplanes für den Konstrukteur nur noch ein paar Klicks sind und der Architekt diese Informationen direkt aus dem Modell abrufen kann. Zukünftig werden wir unsere Schal- und Bewehrungspläne mit dem BIM-Modell verknüpfen, so dass diese Unterlagen für alle am Bau und Unterhalt des Gebäudes Beteiligten mit einem Mausklick zur Verfügung stehen. Daran arbeiten wir aktuell. Es gibt ja diesen berühmten Satz, Stillstand ist Rückschritt. Es müsste doch eigentlich jedem klar sein, wenn er weiter so arbeitet, wie er immer gearbeitet hat, wird er irgendwann überholt. Wer die Innovationsschritte der Branche nicht mitmacht, muss mit der Konsequenz leben, dass er in fünf Jahren nicht mehr angefragt wird, weil seine Werkzeuge nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen.