Was wurde nicht gelitten, gespottet, aber vor allem gewartet, bis endlich die Elbphilharmonie in Hamburg fertiggestellt war. Neun Baujahre und mehr als elfmal höhere Baukosten standen zur Eröffnung Anfang 2017 als Negativbilanz zu Buche. Während sich das Jahrhundertbauwerk langsam durch seine schiere Weltklassearchitektur und unvergessliche Konzerte rehabilitiert, ist derweilen bereits ein weiteres Wahrzeichen für Hamburg in Planung: der Elbtower. Das Gebäude wird in Zukunft nicht nur das weitaus höchste der Hansestadt, sondern auch einen förmlichen Counterpart zur Elbphilharmonie darstellen. Der Baubeginn ist für 2021 vorgesehen.
Es mag zwar nicht direkt als solches ausgewiesen sein, doch wenn das höchste Hochhaus einer Stadt gebaut wird, handelt es sich stets auch um ein Projekt mit Wahrzeichencharakter. Der Elbtower wird dementsprechend in Zukunft sicherlich so manche Postkarte schmücken. Der Schritt vom bislang höchsten Hochhaus – der 110 Meter hohen Elbphilharmonie – ist gewaltig, und auch deutschlandweit gibt es lediglich zwei Gebäude, die das 233,3 Meter hohe Gebäude noch an Höhe übertreffen werden. Der Elbtower wird jedoch nicht nur alle bisherigen Häuser in Hamburg an Höhe übertreffen, sondern gleichsam den krönenden Abschluss für Europas größtes städtebauliches Projekt, die HafenCity Hamburg, darstellen.
„Star-Magnet“ Elbtower
Dass ein derartiges Prestigeprojekt namhafte Architekturbüros auf den Plan ruft, ist nur allzu natürlich. Unter Einreichungen von Größen der Zunft wie Zaha Hadid Architects, Snøhetta, Daniel Liebeskind, gmp Architekten oder Hadi Teherani konnte sich nach einem neunmonatigen Auswahlverfahren der Entwurf von David Chipperfield Architects Berlin durchsetzen. Dieser sieht einen eleganten, skulpturalen Baukörper vor, der sich, beginnend mit einigen wenigen Sockelgeschossen, langsam wellenförmig zu einem Turm mit über 60 Etagen erhebt. Dabei vollführt das Bauwerk eine der Elbphilharmonie entgegengesetzte Wellenform und bildet so einen förmlichen Counterpart zu dieser.
Bescheidener Riese
Was die Jury aus Architekten, Städtebauern und Immobilienfachleuten am Entwurf überzeugte, war einerseits die Umsetzung des vorgegebenen Respekts gegenüber Hamburgs Baukultur und Silhouette. So fügt sich der Turm trotz seiner Größe vornehm zurückhaltend in das Stadtbild und die umliegende Bebauung. Daneben überzeugte allerdings auch die Finanzierung: Anders als bei der Elbphilharmonie tritt beim Elbtower nicht die Stadt Hamburg und damit die Hamburger Steuerzahler, sondern das österreichische Immobilien- und Handelsunternehmen SIGNA als Bauherr auf, welches in Hamburg mit Kaufmannshaus, Alsterarkaden und Alsterhaus bereits drei weitere Prestigeimmobilien betreibt. Die geplanten Baukosten belaufen sich auf rund 700 Millionen Euro.
„Türmchen“ für alles
Als krönender Abschluss der HafenCity Hamburg wird der Elbtower direkt zwischen den Elbbrücken liegen und dabei gleichzeitig den Eingang zum Stadtzentrum markieren. Mit dem angrenzenden neuen U- und S-Bahnhof Hamburg-Elbbrücken wird er gleichsam Teil eines wichtigen Verkehrsknotenpunkts sein. Für die inneren Funktionen des Elbtowers ist eine Mischnutzung aus Entertainment- und Edutainmentflächen, Einzelhandel, Gastronomie, Hotel, Boardinghouse, Fitness und Wellness, Kinderland, Co-Working sowie weiteren Büros in den Turmgeschossen vorgesehen. Insgesamt soll das Gebäude Raum für ca. 3.000 neue Arbeitsplätze sowie 600 Stellplätze bieten. Wohnungen kamen aufgrund des hohen Verkehrslärms allerdings nicht infrage.
Gute Vorzeichen für ein Wahrzeichen
Mit einem ähnlichen Erfolg, wie ihn die Elbphilharmonie derzeit feiert, könnten sowohl alle am Projekt Beteiligten als auch alle Hamburger sicher gut leben. Einen ähnlich steinigen Weg dorthin wünscht sich hingegen wohl niemand. Die von der Jury – welche zweifellos die Elbphilharmonie im Hinterkopf hatte – gewählte Kombination aus dem gelungenen Entwurf von David Chipperfield Architects und einer gesicherten Finanzierung durch den Milliardenkonzern SIGNA scheint allerdings erfolgsversprechend genug und lässt das Beste hoffen. Toi, toi, toi.