Auf dem Online-Event "Build the Future" zeigten die 3D-Betondruck-Pioniere MENSE-KORTE ingenieure+architekten, welch enorme Vorteile die Technologie für das Bauen mit sich bringt.
MENSE-KORTE ingenieure+architekten sind wahre Pioniere des deutschen Bauwesens. Das Büro aus Beckum realisierte ebendort 2020 und 2021 das erste komplett durchgenehmigte 3D-gedruckte Einfamilienhaus Deutschlands. Gedruckt wurde dieses nicht etwa mit einem Kunststoff, sondern aus Beton. Die beiden Architekten und Inhaber Waldemar Korte und Alexander Hoffmann sind davon überzeugt, dass es sich beim 3D-Betondruck um eine disruptive Technologie handelt, die das Bauwesen entscheidend verändern kann. Auf dem ALLPLAN-Event "Build the Future" Anfang März gewährten sie einen tieferen Einblick in das additive Bauverfahren – mit seinen zahlreichen Vorteilen für zukünftiges Bauen, aber auch seinen aktuellen besonderen Herausforderungen.
Spezialbeton aus dem Portaldrucker
Der 3D-Betondruck basiert auf dem Prinzip des Contour Crafting, bei dem die Baumaterialien Schicht für Schicht aufgetragen werden. Die Crux liegt dabei in zwei Kernkomponenten: dem Druckmedium und dem Drucker. Herkömmlicher Beton ist als ersteres nicht geeignet. Für die zwei Zentimeter dicken und sechs Zentimeter breiten Druckbahnen, wie sie beim Haus in Beckum verwendet wurden, braucht es stattdessen einen Spezialbeton, der schnell aushärtet, sich aber zugleich auch gut mit der unteren Schicht verbindet. Darüber hinaus muss er pumpfähig und gut extrudierbar sein. Eigens für das Projekt wurde deshalb durch den Betonhersteller HeidelbergCement ein Druckmörtel mit diesen Eigenschaften entwickelt.
Als Drucker wird der Portaldrucker BOD2 von COBOD eingesetzt, der in Deutschland durch die Firma PERI vertrieben wird. Der Druckkopf lässt sich in einem fest installierten Metallrahmen über alle drei Achsen und somit in jede Position im dreidimensionalen Raum bewegen. Die maximale Spannweite liegt bei 15 Metern, während Höhe und Länge hingegen aufgrund des modularen Aufbaus variabel sind.
BIM-Planung mit ALLPLAN
MENSE-KORTE arbeiten mit ALLPLAN, seit es das Programm gibt, und so erfolgte auch bei ihrem ersten 3D-Druck-Haus die Planung über ein 3D-Gebäudemodell in der Nemetschek-Software. Eine Besonderheit des Modells lag im mehrschaligen Wandaufbau aus Außenfassade, Hohlraum (für Schüttdämmung), Mittelspur, (tragendem) Ortbetonkern und sichtbarer Innenspur. Im Rahmen des BIM-Projekts wurde auch die Durchbruchsplanung der TGA-Gewerke in das Architekturmodell implementiert, wobei dank des Druckverfahrens Hohlkörper direkt für die TGA eingeplant werden konnten, so dass klassische Durchbrüche entfielen. Allerdings galt es generell gewisse Freihaltemaße im Modell mit einzukalkulieren, um die Bewegungsfreiheit des Druckkopfes zu gewährleisten.
Konvertierung in Centerline-Modell
Eine der größten Herausforderungen beim 3D-Gebäudedruck liegt in der Maschinensprache des Druckers. Letzterer „denkt“ sozusagen ausschließlich in Fahrspuren. Damit er also das Modell wirklich drucken kann, muss dieses zunächst in ein sogenanntes Centerline-Modell konvertiert werden. Die dabei generierten Fahrspuren müssen anschließend mit zusätzlicher Software auf ihre Richtigkeit kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden.
Layer-Zeiten
Eine weitere Herausforderung bestand in den Layer-Zeiten. Da jede Druckschicht innerhalb von 15 Minuten austrocknet und sich danach nicht mehr mit einer weiteren Schicht verbinden lässt, musste das Modell in drei Druckabschnitte aufgeteilt werden. Darüber hinaus wurden in der Slicer-Software des Druckers neben der Layer-Stärke auch die Layer-Zeiten sicherheitshalber auf sechs bis acht Minuten festgelegt und die Druckgeschwindigkeit bestimmt. Daneben mussten hier außerdem die vom Drucker selbst generierten Fahrwege noch einmal an die Logik des Bauwerks angepasst werden.
Vorteile des 3D-Betondrucks
Auch wenn die genannten Herausforderungen einen gewissen Mehraufwand in der Planung mit sich bringen, überwiegen doch eindeutig die Vorteile des 3D-Betondrucks. Wie bereits erwähnt, können Durchbrüche für die TGA ganz einfach als Einsparung geplant und ausgeführt werden, was Arbeit und Material spart. Das Gleiche gilt auch für den Einbau von Elektroleerdosen oder die Berücksichtigung von TGA-Steigsträngen. Die Kosten für diese entfallenen Nebengewerke werden somit eingespart.
Ferner spielt es für den Drucker keine Rolle, ob es sich um eine „normale“ gerade oder eine gekrümmte Wand handelt. Kurven oder auch Stürze, Auskragungen und andere Sonderbauteile sowie selbst feste Installationen wie ein Kamin oder bestimmte Küchenbauteile bedeuten keinen Mehraufwand und werden somit zum gleichen Preis produziert, was zugleich große Gestaltungsfreiheit mit sich bringt.
Ein besonders wichtiger Punkt betrifft den Personaleinsatz. Zum einen werden für die Bauausführung lediglich zwei bis drei Personen benötigt – ein schlagendes Argument in Zeiten des Fachkräftemangels. Zum anderen wird der Mensch dabei im Vergleich zu herkömmlichen Baustellen stark geschont, so dass das Ende der Arbeitszeit nach über 40 Jahren auf dem Bau noch lange kein Ende der persönlichen Arbeitskraft bedeuten muss.