Das Münchner Unternehmen MultiCON verwandelt Wüstensand in Bausand und entwickelt obendrein Betone, die 30 Prozent weniger CO2-Emissionen produzieren.
Sand gibt es buchstäblich „wie Sand am Meer“ und darüber hinaus noch in rauen Mengen in den Sandwüsten dieser Welt. Als Baustoff – etwa für die Herstellung von Betonen – eignet sich jedoch nur ein sehr kleiner Teil des weltweiten Sandvorkommens. Der Grund: der meiste Sand ist zu feinkörnig und zu rund. Die Bauindustrie verbraucht unterdessen jährlich etwa 40 Milliarden Tonnen Sand und Kies. Damit wird Küstensand weitaus schneller verbraucht, als er entsteht – mit verheerenden Folgen für das Ökosystem. Die deutsche Firma Multicon hat nun eine Methode entwickelt, mit der sich hochwertige Betone auch mit Wüstensand herstellen lassen.
Mischen im Schleudergang
Geschwindigkeit lautet vereinfacht das erste Geheimnis des Unternehmens mit Hauptsitz in München. Die Betone, die Multicon entwickelt, werden nämlich zunächst, wie beim Schleudergang einer Waschmaschine, bei 1.200 Umdrehungen pro Minute gemischt – eine normale Betonmischung erfolgt bei rund 50 Umdrehungen. Auf diese Weise entstehen auf molekularer Ebene wesentlich stärkere Bindungen zwischen Bindemitteln, Additiven und Zuschlagstoffen und die Mischung wird optimal verflüssigt. Diesem flüssigen Gemisch werden anschließend Sand und Kies zugegeben und das Ganze nun bei 50 Umdrehungen pro Minute gemischt. Das Ergebnis dieses „dualen Mischsystems“ sind hochwertige und leistungsfähige Betone, die wesentlich weniger Zement und Wasser benötigen.
Sandmehl aus Wüstensand
Das zweite Geheimnis von MultiCON ist ein spezielles Verfahren, bei dem aus feinem Wüstensand ein für den Bau einsetzbarer Zuschlag wird. Zunächst wird hierbei der Sand in einer Walzmühle zu noch feinerem Sandmehl gemahlen. Mithilfe einer MultiCON-Suspension wird dieser pulverisierte Sand zu „steifen, harten, stabilen und bis zu 15 Millimeter großen Pellets granuliert“. Und fertig ist ein hochfestes, nichtsaugendes Zuschlagsgranulat.
Warten auf Marktreife
MultiCON ist also auf dem besten Weg, nicht nur das große Sandproblem zu lösen, sondern obendrein – nach eigenen Angaben – Betone herzustellen, die bis zu 30 Prozent weniger CO2-Emissionen erzeugen. Noch ist die Transformation von Wüstensand in Deutschland nicht zugelassen. Derzeit prüft das Institut für angewandte Bauforschung (IAB) in Weimar den Baustoff und sucht nach der optimalen Rezeptur. Sobald diese gefunden ist, dürfte jedoch einer Zulassung wenig im Wege stehen. Unterdessen fanden Ende Januar 2019 bereits Verhandlungen über die Vergabe von Produktlizenzen in Saudi-Arabien, Bahrain und Dubai statt. Und noch wesentlich früher hat MultiCON Interesse in China geweckt: Seit 2017 bereits arbeiten die deutschen Chemiker mit der Firma CEG in Schanghai zusammen.