Wenn ein Bauwerk fast 2.000 Jahre überdauert, spricht das eindeutig für seine Qualität. Allerdings kann es auch kaum schaden, ihm für die nächsten 2.000 Jahre einen baulichen Schutz vor Regen und anderen schädlichen Umwelteinflüssen zu verpassen. So entschloss sich die Stadt Verona letztes Jahr, ihre 30 n. Chr. unter Kaiser Tiberius erbaute Arena mit einem Dach zu versehen. Bei dem daraufhin ausgerichteten internationalen Ideenwettbewerb konnte sich der Entwurf der Ingenieure von schlaich bergermann partner und Architekten von Gerkan, Marg und Partner durchsetzen. Finanziert wurde der Wettbewerb mit Preisgeldern in Höhe von insgesamt 70.000 € durch den Veroneser Strumpfhersteller Calzedonia.
Wirklich neu war die Idee von einer Überdachung des antiken Bauwerks nicht. Schon seit Jahrzehnten war man sich in Verona wegen eines Daches uneinig gewesen. Gegner befürchteten, es würde die Arena verschandeln und die Stadt Unsummen kosten. Tatsächlich wird die Maßnahme mit 14 Millionen Euro Baukosten nicht gerade billig. Das Geld kommt jeweils zur Hälfte von der Bank UniCredit und der Stiftung des Geldhauses Cariverona. Die Bauarbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen. Die Fertigstellung ist für 2018 vorgesehen.
Sensibler Eingriff
In Sachen Ästhetik dürften sich die Veroneser wohl beruhigen können. Dass die Jury mit der Einreichung von sbp und gmp bewusst einen sensiblen Entwurf zum Sieger erkoren hat, ist offensichtlich. Als Tragwerk ist ein sauber abgesetzter Druckring über der Arena vorgesehen, der eine wandelbare Membran-Konstruktion trägt. Der Ring schafft neben seiner eigentlichen Funktion Raum für potentielle zusätzliche Beleuchtung und moderne Bühnentechnik. Die Überdachung selbst basiert auf einem intelligenten Zusammenspiel zwischen einem fächerförmig angeordneten, verfahrbaren Seilnetz und einer Membraneindeckung. So wird die Arena zu einer Art Cabriolet, dessen Dach sich je nach Wetterlage komplett öffnen oder schließen lässt.
Clevere Innovation
Ähnliche verfahrbare Dächer wurden bereits mehrfach von sbp und gmp realisiert, etwa in Stadien in Warschau, Bukarest oder Frankfurt am Main. Dennoch stellt das Dach der Arena di Verona ein Novum dar. Anders als bei den genannten Beispielen ist hier das Seilnetz nicht statisch, sondern bei geöffnetem Dach komplett im Trägerring in einem der schmalen Enden der Ellipse verborgen. Bei Schließung des Daches verfahren die Seile zunächst entlang des Druckrings. Sind sie in ihrer Endposition angekommen, wird im nächsten Schritt die Membran strahlenförmig entlang der Seile ausgefahren.
Fazit
Der Entwurf von sbp und gmp überzeugt in mehrerlei Hinsicht. Zum einen stellt er eine äußerst sensible Intervention dar, die sich geradezu schwerelos auf das antike Bauwerk legt. Zum anderen handelt es sich um eine einzigartige neue Konstruktion, die für zukünftige Projekte wegweisend sein könnte. Unabhängig vom Entwurf bedeutet ein Dach über der Arena di Verona übrigens nicht nur einen Schutz für das UNESCO Weltkulturerbe. Obendrein wird es hoffentlich auch die Stiftung, welche die Arena als Freilicht-Oper betreibt, vor dem Bankrott bewahren. Mithilfe des Dachs könnte der wetterbedingt kurze Spielplan erheblich verlängert und so höhere Einnahmen ermöglicht werden.