Kommt es in BIM-Projekten zu planungsbedingten Fehlern in der Ausführung, ist die Haftungsfrage oft schwer zu beantworten. Ein Münchner Start-up arbeitet an einer Blockchain-basierten Lösung.
Digitale Planung hat zahlreiche Vorteile, die letztlich zu höherer Qualität und Effizienz führen. Sie hat aber auch ihre Schattenseite. So ist etwa eine nachträgliche Manipulation von digitalen Plänen und Modellen auch dann unbemerkt möglich, wenn Konfliktparteien über Planungsfehler streiten. Um zukünftig BIM-Modelle als rechtlich führende Informationsquelle in der Bauplanung einsetzen zu können, braucht es daher Lösungen, die die Validität der verwendeten Modelle sicherstellen. Das Münchener Startup Oppanta hat sich einer vertrauensvollen, transparenten und effizienten Zusammenarbeit im Bauwesen verschrieben. Sein Team arbeitet an einem Blockchain-basierten Service, der die Fälschungssicherheit digitaler Planungsdaten sicherstellt. Im Interview erklären die beiden Gründer Rene Breyer und Florian Megele, wie das funktioniert.
A: Wie kann man mit BIM zusammenarbeiten, ohne für Fehler der Partner zu haften?
RB: BIM schafft Mehrwerte, indem alle Fachplaner an einem gemeinsamen Koordinationsmodell arbeiten, was Defizite digital prüfbar und virtuell sichtbar macht. Dabei „leben“ diese BIM-Modelle: Planungsentscheidungen werden verworfen, geändert und ergänzt, um das reale Bauvorhaben vorwegnehmend im Team zu optimieren. Treten nun im Bauverlauf oder während der Nutzung des Gebäudes dennoch planungsbedingte Probleme auf, müssen Haftungsfragen geklärt werden. Es gilt festzustellen, wann einzelne Teilmodelle des BIM-Modells geliefert und freigegeben sowie ob Modellrevisionen transparent kommuniziert wurden. Die Rekonstruktion des Informationsflusses ist dabei sehr aufwändig. Sie wird jedoch überflüssig, wenn Informationslieferungen und -änderungen fälschungssicher dokumentiert werden und allen Beteiligten bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist zur Verfügung stehen.
A: Ist Blockchain-Technologie eine Lösung?
FM: Mit Blockchain-Technologie können digitale Daten fälschungssicher und transparent in Teams verwaltet werden. Auch wenn sich die Blockchain-Technologie im Kontext der Bau- und Immobilienwirtschaft noch in einem Anfangsstadium befindet, ist ihr Potenzial bereits in der Forschung erkennbar. Mit ihr lassen sich Kollaborationsprozesse in der Planungs- und Bauphase transparenter gestalten und sicherer abwickeln. Mit Blockchain als Infrastruktur für die Zusammenarbeit können in Zukunft die Rechte an geistigem Eigentum wirksam geschützt sowie redundante und aufwändige Dokumentationen überflüssig gemacht werden.
A: Wie funktioniert die Blockchain?
RB: Eine Blockchain (oder Datensatzkette) ist erst einmal nichts anderes, als eine große Datenbank, die mit einem „Ursprungsdatenblock“ beginnt. An diesen werden immer neue Datenblöcke chronologisch und nachträglich unveränderlich angehängt, nachdem sie durch alle Beteiligten überprüft und bestätigt wurden. Dabei bezieht sich jeder neu generierte Block mit einer eindeutigen Identifikationsnummer (dem „Hash“) auf seinen Vorgänger. Die so entstehende Datenbank bildet damit eine Historie von Datensätzen ab.
Im Gegensatz zu einer klassischen Datenbank, die sich in der Regel an einem Ort befindet, handelt es sich bei einer Blockchain um eine verteilte Datenbank (Distributed Ledger). Bei einer Blockchain werden also sämtliche Prozesse nicht auf einem, sondern simultan auf mehreren Computern gleichzeitig abgeschlossen. Dieses Vorgehen erhöht die Manipulationssicherheit zusätzlich. Eine Blockchain wird nicht von einer einzelnen Institution oder Person aktualisiert und validiert, sondern von allen Mitgliedern im Netzwerk gemeinsam. Diese Vereinbarung wird Konsens genannt.
A: An welchen Blockchain-Lösungen arbeitet Oppanta?
FM: Oppanta arbeitet daran, nicht nur den Status einzelner Planungen und/oder Modelle zu validieren, sondern den aller Entscheidungen, die im Verlauf eines Bauvorhabens getroffen werden. In der Baubranche kommt es immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. Diese können aus einer Vielzahl von Problemen resultieren, wie Unklarheiten in den Vertragsbedingungen, verspätete Zahlungen, fehlerhafte Lieferungen oder aber auch, wenn unterschiedliche Parteien mit verschiedenen Informationsständen arbeiten. Dabei ist es in der Theorie ganz einfach: Planungs- und Bauverträge regeln die Zusammenarbeit der entsprechenden Vertragspartner. Leider sieht die Praxis oft anders aus. Die geschlossenen Verträge stehen in Ordnern im Regal und werden erst dann herausgeholt, wenn es bereits zu Problemen gekommen ist.
Hier setzt Oppanta an. Wir wollen die klassischen Planungs- und Bauverträge in sogenannten Smart Contracts operationalisieren. Ein Smart Contract kann als ein Algorithmus mit einer klaren Wenn-Dann-Struktur definiert werden. Diese Wenn-Dann-Struktur bildet die verschiedenen Vertragsklauseln der realen Planungs- und Bauverträge ab. Der Vorteil eines solchen Systems liegt in seiner Klarheit und Durchsetzbarkeit, die zu einer reibungslosen Vertragsabwicklung und einer deutlichen Verringerung von Streitigkeiten führen soll. Es geht darum, durch Transparenz Partnerschaft zwischen den beteiligten Unternehmen zu ermöglichen.
A: Alle reden über NFTs. Welche weiteren Anwendungsfälle von Blockchain-Technologie sind für das Bauwesen vorstellbar?
RB: Ob bei der Analyse von Lieferketten, der Beschaffung von Baumaterialien, der Etablierung von vollständig automatisierten Zahlverfahren oder aber auch seitens der öffentlichen Hand bei der effektiven Verwaltung von Grundbüchern und Eigentumsrechten – die potenziellen Einsatzgebiete sind schier unendlich. Besonders spannend ist die aktuelle Entwicklung im Bereich NFT, wie beispielsweise in der Kunst. Damit lassen sich Verwertungsrechte und Besitzrechte an geistigem Eigentum schützen und verwalten, auch wenn diese nur digital vorliegen. Das kann für Architekten sehr spannend werden. Es gilt nun für das Bauwesen, sinnvolle Einsatzszenarien zu entwickeln und daraus funktionierende Geschäftsmodelle abzuleiten.