UE Grenzacherstrasse Muttenz: BIM2Field im Infrastrukturbau

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BIM macht das Bauen besser. Deshalb testen ACS Partner aktuell mit einem Brückenbauprojekt in Muttenz (Schweiz) den nächsten Schritt in der digitalen Arbeits-Methode: BIM2Field.

BIM2Field ist der nächste Schritt, um Projekte im Infrastrukturbau noch effizienter abzuwickeln. Im Rahmen des Build the Future ALLPLAN Summit 2024 gab Siro Boitier von ACS Partner Einblicke in die Anwendung der BIM-Methode auf der Baustelle. Als Beispiel hatte der Projektingenieur und BIM-Verantwortliche das laufende Projekt UE Grenzacherstrasse in Muttenz (Basel-Landschaft, Schweiz) mitgebracht. Besagte Straße verläuft hier als insgesamt rund 490 Meter lange Brücke sowohl über einen Rangierbahnhof als auch über die Autobahn N02. Die verschiedenen Abschnitte des Bauwerks sind unterschiedlich alt und müssen teils instandgesetzt, teils erneuert werden – mit variierenden Voraussetzungen für BIM2Field.

Die Planung des Projekts wird durch eine Arbeitsgemeinschaft (IG AAB) aus ACS Partner (federführend), Aegerter & Bosshardt sowie Bänziger Partner durchgeführt. Die Aufgaben des Projektteams verteilen sich dabei auf vier Teilprojekte, die gleichsam bestimmten Abschnitten des Brückenbauwerks entsprechen. Teilprojekt 1 besteht aus einer Instandsetzung des südlichen Teils der Brücke, der bereits in den 1990ern erneuert wurde, und wird durch Aegerter & Bosshardt bearbeitet. ACS Partner planen die Teilprojekte 2 (Ersatzneubau Brücke RB2) und 3 (Damm und Rampe). Für die Planung einer Autobahnbrücke (Teilprojekt 4) sind Bänziger Partner verantwortlich.

Modelle entsprechend den Anforderungen für BIM2Field

Die BIM2Field-Ausführung erfolgt über Modelle der unterschiedlichen Bauteile, die ihren besonderen Anforderungen entsprechend ausgearbeitet wurden. So wurden etwa für einen technisch notwendigen 40 Meter langen Leitungskanal Baugrube, Schalung und Bewehrung modelliert. Die Planung des Dammbauwerks (90 Meter) beispielsweise beinhaltete wiederum ein Erdbaumodell sowie ein BIM-Modell mit Fertigbetonelementen, das gleichsam Kanalisation und Kabelschutzleitungen samt Schächten umfasste. Weitere BIM-Modelle wurden für den Straßenbau und die Randsteine erstellt.

Autobahnbrücke aus zeitlichen Gründen noch in 2D geplant

Einzige Ausnahme vom BIM2Field-Ansatz in dem Bauvorhaben ist das Teilprojekt 4. Die Autobahnbrücke, mit verschiedenen Betonarbeiten an den Widerlagern sowie einer vorgefertigten Stahlbrücke, wurde durch Bänziger Partner ausschließlich klassisch in 2D geplant, da die vorgegebene Zeit für eine BIM-Modellierung nicht ausreichte. Die etwa 52 Meter lange und rund 270 Tonnen schwere Stahlbrücke wurde bereits während einer Nachtsperre mit einem 750-Tonnen-Raupenkran eingehoben.

Nächste BIM-Planungsschritte im Projekt

Aktuell steht noch die Planung für einen circa 200 Meter langen Straßenabschnitt (Hardacker-Strasse) samt Kanalisation im Teilprojekt 3 aus. Darüber hinaus bearbeiten ACS Partner derzeit noch den Brückenüberbau (TP2) inklusive Widerlager und Pfeiler. Hierfür sind neben einem Betonmodell zusätzliche Oberflächenmodelle für Hydrophobierung, Sichtbeton oder auch Etappierung angedacht. Die Bewehrungsplanung für Widerlager und Pfeiler steht bereits. Momentan wird die Vorspannung entwickelt, die insbesondere im Knotenbereich zwischen Hauptbrücke und Rampe geometrisch sehr komplex ist.

Herausforderungen für den BIM2Field-Ansatz

Die Umsetzung eines BIM2Field-Ansatzes kam nicht ganz ohne Herausforderungen. Die Ausschreibung der Leistungen erfolgte sowohl für die Planung als auch für die Ausführung ausschließlich in 2D-Plänen. Der Vorschlag von ACS Partner, in der Ausführung auf die BIM2Field-Methode zu wechseln, stieß bei der Bauherrschaft SBB AG sowie auch bei der Bauunternehmung Meier+Jäggi AG auf offene Ohren. Gemeinsam entschied man sich, diese zukunftsweisende Herausforderung anzunehmen.

Weil die Erfahrungen mit BIM2Field im Speziellen, aber auch mit BIM-Modellen im Allgemeinen, unter den Projektbeteiligten sowohl planungs- als auch ausführungsseitig teilweise noch gering waren, musste zunächst ein gemeinsames Verständnis für die jeweiligen Bedürfnisse geschaffen werden. ACS Partner agierten hier frei nach dem Motto „Try your best“.

Weitere Herausforderungen ergaben sich daraus, dass gewisse Punkte, die in einer 2D-Planung einfach vernachlässigt würden, im Modell plötzlich gelöst werden müssen. In solchen Fällen seien laut Siro Boitier Lösungsorientierung und Pragmatismus gefragt.

Lösungsansätze für BIM2Field

An oberster Stelle standen bei der Umsetzung der neuen Methode Hilfsbereitschaft, Toleranz und Akzeptanz, um die Neuerungen auch entsprechend anwenden zu können. Für die Ausführung wurden daher beispielsweise spezielle Instrumente geschaffen, wie der BIM-Abwicklungsplan. Dieser umfasste unter anderem eine Farbtabelle für die im Modell verwendeten Farben sowie einen Elementplan, in dem jedes Bauteil eine IFC-Identität zugewiesen bekommt und alle benötigten Attribute aufgelistet werden.

Als CDE kommt Bimplus zum Einsatz. Die BIM-Plattform wird dabei insbesondere für den Dokumenten- und Modellaustausch sowie für das Issue-Management – sowohl mit der Ausführung als auch im Prüflauf mit der Bauherrschaft – genutzt.

Bessere Planung und der größte Raupenkran der Schweiz

Unterm Strich wurde bis jetzt vor allem eine bessere, fehlerfreiere Planung erreicht – und damit schon einmal der Grundstein für geringere Folgekosten gelegt. Wer sich ein Bild von der BIM2Field-Umsetzung vor Ort machen möchte, kann zur Wochenendsperre am 14. und 15. September 2024 in Muttenz vorbeischauen. Dann hebt der größte Raupenkran der Schweiz (1.000 Tonnen) vier 100 bis 320 Tonnen schwere Elemente der Bestandsbrücke aus dem Gleisbett.