BIMwood: Handlungsempfehlung für BIM im vorgefertigten Holzbau
Kleines Büro, große Ambitionen, exzellente Ergebnisse: Kruse Architekten aus Kiel leisten mit einem Hotel und Tagungscenter Pionierarbeit in Sachen openBIM – mit wertvollen Erkenntnissen.
Das Konzept von openBIM, also die Gewerke- und softwareübergreifende Planung mit offenen Standards, gibt es zwar schon lange, die tatsächliche praktische Umsetzung ist allerdings bislang ein Ding der Seltenheit. Der Grund hierfür liegt vor allem im Datentransfer zwischen verschiedenen Software-Lösungen. Trotz der stetigen Weiterentwicklung BIM-fähiger Programme und des IFC-Formats, verläuft dieser nach wie vor nicht immer problemlos. Dass openBIM mit den richtigen Maßnahmen dennoch funktionieren kann, stellten nun Kruse Architekten anhand eines Hotels und Tagungscenters unter Beweis. Das BIM-Pilotprojekt wurde, im Partnering-Verfahren mit der Bauunternehmung Heinrich Karstens aus Kiel, kürzlich fertiggestellt. Der darin erarbeitete BIM-Prozess dient inzwischen als Blaupause für weitere Projekte.
Kruse Architekten sind Gründungsmitglied des 2014 gegründeten BIM Cluster Kiel, einem Zusammenschluss aus lokalen Planungsbüros und Bauunternehmen, die sich, wie der Name schon sagt, der Anwendung von BIM und dessen Integration in den Planungsalltag verschrieben haben. Ein erstes Projekt zur Verwirklichung dieses Ziels startete das kleine Büro mit der Genehmigungs- und Ausführungsplanung für ein Hotel und Tagungscenter in Travemünde. Totalübernehmer war die Bauunternehmung Heinrich Karstens. Der 6.500 Quadratmeter (BGF) große Neubau umfasst 110 Zimmer und Suiten, flexibel nutzbare Tagungsräume sowie Gewerbeeinheiten wie Kamin-Lounge, Tapas-Bar, Bäckerei, Day Spa und Wein-Bar. Keine geringe planerische Herausforderung – und eine gute Gelegenheit, die verschiedenen Software-Lösungen im Sinne von openBIM auf Herz und Nieren zu testen.
Start vom absoluten Nullpunkt
Die Architekten selbst sowie die Tragwerksplaner verwendeten Lösungen von ALLPLAN, TGA (HLS, ELT), Innenarchitekt und Stahlbau jeweils verschiedene Programme anderer Hersteller. Als Prüfsoftware kam der Solibri Model Checker zum Einsatz. Um den Datenaustausch im Vorfeld zu testen, wurden zunächst kleine Probeelemente wie Wände, Decken, Stützen und Fundamente sowie ein auf dem absoluten Nullpunkt (x, y, z = 0) gelegener Übergabewürfel als IFC 2x3 und IFC 4x0 erstellt. Überraschenderweise zeigte sich, dass nicht jede Software die Modelle im neueren IFC 4x0 sauber verarbeiten konnte, weshalb IFC 2x3 als verbindlicher Standard für das Projekt definiert wurde. Seither spielen Kruse Architekten dieses Prozedere bei jedem neuen Projekt mit den anderen Fachplanern durch.
Gewohnte Projektprozesse verändern sich
Jede Fachdisziplin trägt die Verantwortung für ein qualitativ sauber modelliertes 3D-Fachmodell. Um jedoch 3D-Modelle sowohl eigenständig als auch miteinander prüfen zu können, braucht es eine spezielle Prüfsoftware. Die Wahl fiel diesbezüglich auf den Solibri Model Checker. Ferner wurde für das BCF-Issue-Management BIMcollab eingesetzt. Hierbei wurde bald klar, dass es gewohnte Projektprozesse zu verändern galt. „Mitarbeiter mussten in der hauseigenen Software 3D-fähig gemacht, Verantwortlichkeiten für die hausinterne Qualitätssicherung benannt, neue Anwendungen erworben, verstanden und durchgehend angewandt und die daraus resultierenden Umstellungen von der Geschäftsleitung gewollt und gelebt werden“, sagt Michael Fiedler, Architekt und zertifizierter BIM Modeler bei Kruse Architekten.
Ausgewählte Daten für Fachplaner
Zudem stellte sich heraus, dass es eines technikaffinen Mitarbeiters bedarf, der sich um die interne und externe Datenkontrolle sowie das BCF-Issue-Management kümmert. In der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Beteiligten zeigte sich wiederum, dass nicht jeder Planer Zugriff auf sämtliche Modelldaten benötigt. So reicht es etwa für die Tragwerksplanung, wenn nur die tragenden Teile aus dem Architekturmodell im IFC-Format übertragen werden. Ähnliches gilt für die TGA-Planung, die sinnvollerweise der Disziplin (Heizung, Lüftung, Sanitär, Elektro) nach in einzelne Fachmodelle getrennt werden sollte, welche dann mit den Modellen aus Architektur und Tragwerksplanung regelbasiert geprüft werden.
Modell nur Teilbereich im Gesamtprozess
Generell sollte bereits im Vorfeld geklärt werden, welche Ziele erreicht werden sollen. Stichworte hierzu sind Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungsplan (BAP). Hiernach richtet sich etwa der benötigte Detaillierungsgrad (LOD) und der Grad des Informationsgehalts (LOI) des 3D-Gebäudemodells. Letzteres stellt in der BIM-Methodik also nur einen Teilbereich im Gesamtprozess eines Projekts dar.
Enorme Effizienzsteigerung, aber …
Die Bewertung des entwickelten BIM-Workflows fällt den Architekten zufolge ambivalent aus. Die regelbasierte Prüfung der 3D-Fachmodelle führte zu einer deutlichen Effizienzsteigerung. Durch den Einsatz von BCF-Dateien und die im Vorfeld festgelegten, zwingend verbindlichen regelmäßigen Termine zur Überprüfung der jeweiligen IFC-Fachmodelle wurde eine klare Qualitätssteigerung der Planung erreicht. Mit dieser Methode wurden frühzeitig und somit kostengünstig Hindernisse im Projekt erkannt und ausgeräumt. Alle Fachplaner sind dementsprechend auf einem Wissenstand und der Verlust von Informationen wird wesentlich geringer.
Ein großes Problem besteht jedoch im geltenden Recht aus analogen Zeiten. So müssen etwa sämtliche relevante Informationen des 3D-Gebäudedatenmodells in DIN-konforme 2D-Papierpläne umgewandelt werden. Dies bedeutet immer wieder gravierende Medienbrüche im BIM-Prozess, deren Redundanz die gewonnene Effizienz wieder zunichtemacht. Seinen vollen Nutzen wird BIM daher wohl erst entfalten, wenn alle Beteiligte an einem Projekt im digitalen Zeitalter ankommen.