BIMwood: Handlungsempfehlung für BIM im vorgefertigten Holzbau
Im Gespräch erklärt Rasso Steinmann, Professor für Bauinformatik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, wie sich das Fach verändert hat und welche Fähigkeiten Bauingenieure heute brauchen.
Professor Steinmann, Sie sind seit fast 25 Jahren an der HM in der Lehre tätig. Was geben Sie Ihren Studenten mit? Welche Fähigkeiten sollten Bauingenieure heute besonders ausbilden?
Ich höre auf die Industrie, weil sie sich verändert. Als ich angefangen habe, gab es noch einen Bedarf an Bauingenieuren, die programmieren konnten, weshalb man damals noch sehr viel Richtung Informatik lehrte, mit starkem Fokus auf die Programmierausbildung. Dieser Markt hat sich verschoben. Auch hat sich insgesamt verschoben, wie Programme entwickelt werden. Stichwort Spezialisierung: Es gibt heute Leute, die nur für die Datenerhaltung zuständig sind, andere kümmern sich nur um das User-Interface und so weiter.
Die Programmierer kommen jetzt direkt aus der Informatik – und die Bauingenieure, die den fachlichen Input liefern sollen, gehen eher ins Product-Management. Für sie ist es aber grundsätzlich gut, wenn sie wissen, wie Programmieren geht, weil sie sich dann mit den Programmierern unterhalten können. Allgemein sind wir an der Hochschule nach wie vor der Meinung, dass Ingenieurinnen und Ingenieure, so, wie sie etwas Mathematik und Physik können müssen, auch ein Bisschen Programmieren beherrschen sollten. Bis heute bringen wir daher Programmiergrundlagen gleich im ersten Semester.
Wie sieht es beim Thema CAD aus?
Auch hier hat sich der Fokus verschoben: Früher haben wir die Studierenden lange an 2D herangeführt und dann gezeigt, welche Vorteile 3D-Modellierung mit sich bringt und wo man sich Arbeit sparen kann. Jetzt führen wir sie gleich ans Modellieren heran und zeigen, wo es seine Grenzen hat, wo man zum Beispiel bei der Ausarbeitung von Details nach wie vor in 2D arbeitet.
Ab welchem Semester erhalten die Studenten Einblicke in BIM?
Im Rahmen einer Studienreform haben wir im Bachelor-Studiengang das neue Modul BIM im sechsten Semester eingeführt. Außerdem gibt es ein Wahlpflichtfach, in dem ich den Studierenden alle möglichen Dinge zeige, die im Laufe der Digitalisierung des Bauwesens entstehen. Auch das ändert sich ständig. Momentan zum Beispiel lernen sie, wie man eine 3D-Bewehrung erstellt oder eine Laserpunktwolke aufnimmt und die Daten anschließend ins CAD-System überführt.
Wenn die Studierenden wollen, zeige ich ihnen auch, wie sie die Daten aus ALLPLAN per IFC exportieren können und dann in die VR bekommen. Außerdem lernen sie, wie man geplante Modelle ausdruckt. In der Vertiefung biete ich noch auf freiwilliger Basis einen Crash-Kurs für das VDI buildingSMART Zertifikat an. Hier können sich die Studierenden also schon im Studium ihre BIM-Kompetenzen zertifizieren lassen und brauchen später im Beruf den Weiterbildungskurs nicht mehr zu belegen.
Und im Master?
Im Master gibt es das Modul „Methodische und digitale Kompetenz“, das früher „Informations- und Kommunikationstechnologien“ hieß. Auch hier haben wir gerade wieder eine Reform des Studienplans hinter uns und dabei das Modul neu definiert. Es bereitet auf die sogenannte Projektstudie vor. Das ist ein Projekt, in dem die Studierenden verschiedene Rollen einnehmen und es komplett eigenverantwortlich durchziehen müssen.
Momentan ist es ein U-Bahnhof. Da muss sich einer oben während der Baustelle um die Verkehrsplanung, einer um die Spundwände und jemand um die Bahnhöfe und die Gleiskörper kümmern. Ein anderer macht die Ausschreibung und Kalkulation. Dabei müssen die Studierenden zusammenarbeiten, und das lief bisher sehr klassisch. Da ist es sehr erfreulich, dass einige Kollegen auch umgeschwenkt sind und gesagt haben: „Wir müssen hier BIM-Methoden einführen.“
Immer häufiger ist zu lesen, dass man die Vorteile von Social Media in der Projektkommunikation verstärkt nutzen sollte.
Richtig, das ist genau das, was man heute unter Common Data Environment (CDE) versteht. Heute unterhalten sich ja viele über Facebook und andere Social Media. Mit der gleichen Technologie beziehungsweise Methodik könnte man sich genauso über ein Gebäudemodell unterhalten. Warum treffe ich mich, statt jemandem ein Papier oder PDF zu schicken, nicht gleich im Gebäudemodell und setze da ein virtuelles Post-it rein? Dann brauche ich auch kein Besprechungsmodell mit einer To-Do-Liste, sondern das Post-it ist das To-Do …
… So dass man den internen Verwaltungsaufwand einfach verschlankt …
Ja, und dass man auf der anderen Seite dann nachhält und sieht, was wirklich schon getan ist und was noch nicht. In dem Modul „Methodische und digitale Kompetenz“ bereite ich die Studierenden darauf vor. Ein Punkt zum Beispiel ist, dass sie sich bei der Anwendung von BIM überlegen müssen: Wer braucht von wem wann welche Information? Dazu wurde inzwischen das sogenannte Information Delivery Manual (IDM) entwickelt. Mithilfe dieser Methode kann ich diese Prozesse beschreiben und definieren, wo Information wann von wem in welcher Qualität ausgetauscht werden muss.
Wir zeigen den Studierenden also, mit welchen Methoden man an so eine Problemstellung überhaupt rangehen kann. Auch ich bringe ihnen diesen ganzen Bereich Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungspläne (BAP) bei, da ich davon ausgehe, dass Leute, die hier einen Master machen, später eventuell BIM-Koordinatoren oder BIM-Manager werden.
Das ist die aktuelle Ausrichtung des Fachs. War es früher stark Richtung Bauinformatik ausgelegt, ist es heute eher Richtung BIM und Prozesse geprägt, wobei natürlich die digitalen Aspekte schon eine sehr wichtige Rolle spielen.