Bauteilaktivierung: Wie sie funktioniert und was sie bringt

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Im Zusammenhang mit nachhaltigem Bauen entwickeln Forscher nicht nur neuartige Materialien, sondern auch innovative Systeme, um Energie effizienter zu nutzen. Eines davon ist die Bauteilaktivierung. In diesem Beitrag erfahren Sie, was sich hinter dem Begriff verbirgt, wie die Technologie funktioniert und welche Vor- und Nachteile sich daraus für Architekten und Ingenieure ergeben.



Einsatz von Bauteilen zur Regelung der Raumtemperatur

Die thermische Bauteilaktivierung nutzt Gebäudemassen zur Temperaturregulierung. Deshalb trägt sie auch den Namen Betonkerntemperierung (BKT). Die Wände, Decken oder Böden werden mit wasserführenden Rohren hinterlegt, die zum Heizen und Kühlen der Räumlichkeiten eines Gebäudes dienen. Dabei kann die Montage entweder manuell erfolgen, das heißt, die Rohre werden auf einer Trägermatte fixiert. Oder es kommen vorgefertigte Rohrmodule zum Einsatz, was den Bauablauf erheblich beschleunigt.

Heizen und Kühlen mit geringer Energiedifferenz

Die Anpassung der Raumtemperatur basiert auf einem Selbstregeleffekt. Ausschlaggebend ist der Temperaturunterschied zwischen der Bauteiloberfläche und dem Raum selbst. Liegt die Temperatur des Bauteils unterhalb derjenigen des Raumes, wirkt das System kühlend. Im umgekehrten Fall heizt es den Raum auf. Das Heiz- bzw. Kühlwasser bewegt sich dabei zwischen 18 und 22° C bzw. zwischen maximal 27 bis 29° C. Die Raumtemperatur variiert etwa zwischen 21° C und 25° C.

Im Sommer nutzt das System die Umweltenergie direkt, wie die freie Rückkühlung, Grundwasserkühlung oder Sohlplattenkühlung. Eine zusätzliche Energiezufuhr ist jedoch nötig, um die Kühlenergie zu verteilen. Im Winter liefert beispielsweise eine Wärmepumpe die notwendige Energie, um die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen.

Vorteile des innovativen Heiz- und Kühlsystems

Diese Technik lässt sich besonders gut in der nachhaltigen Architektur einsetzen, denn sie reduziert nicht nur die erforderliche Primärenergiemenge, um die Temperatur in Gebäuden zu regulieren. Sie eignet sich auch sehr gut in Kombination mit erneuerbaren Energien wie der Geothermie. Aufgrund der größeren Übertragungsflächen gegenüber klassischen Heizkörpern genügen bereits geringe Temperaturunterschiede, damit das Heiz- und Kühlsystem nennenswerte Leistungen erbringt.

Nachteile der Bauteilaktivierung

Das System reagiert zeitversetzt, das heißt, die Energieerzeugung findet zu einem anderen Zeitpunkt statt als die Energieabgabe. Im Sommer beispielsweise kühlt sich der Raum über Nacht ab und kühlt damit das Wasser im Rohrsystem. Tagsüber dringt die Wärme aus dem Raum in das Bauteil, die Technologie senkt die Raumtemperatur. Dadurch sind individuelle und schnelle Anpassungen der Temperatur nicht möglich. Für die Planung eines Gebäudes bedeutet dies, ein vorausschauendes Wärme- oder Kältebeladungsmanagement vorzusehen. Zum Beispiel müssen Faktoren wie die Raumnutzung und die Sonneneinstrahlung berücksichtigt werden.

Betonkerntemperierung im Neubau

Die Bauteilaktivierung wird besonders im Neubau von Bürogebäuden eingesetzt. Damit dieses System zur alleinigen Beheizung und Kühlung eines Bauwerks dienen kann, müssen Architektur, Bauphysik und Gebäudetechnik eng aufeinander abgestimmt sein. Beispielsweise ist die Massivbauweise Grundlage für diese Technik. Betondecken dürfen nicht abgehängt oder verkleidet sein, sonst reduziert sich die Heiz- bzw. Kühlleistung. Ebenso hat die Gebäudehülle Einfluss auf das Energiemanagement der Anlage.

Bei der Planung unterteilen Architekten das Gebäude in Zonen, die sich nach Orientierung, Geschoss, Nutzung oder Fassadenkonzeptionunterscheiden. Mithilfe einer thermischen Gebäude- und Anlagensimulation können die BKT-Systeme am besten zugeordnet werden. Die Installation der Rohre erfolgt im Rahmen der Schalungs-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten entweder spiral- oder mäanderförmig.

Technologie der Bauteilaktivierung erfordert sorgfältige Planung

Die Betonkerntemperierung lässt sich vielseitig einsetzen und funktioniert am besten in der Kombination als Kühl- und Heizsystem. Durch den Selbstregeleffekt und die Verwendung erneuerbarer Energien sinkt der Primärenergieverbrauch erheblich. Um die Leistung dieses Systems in zukünftigen Gebäuden weiter zu verbessern, müssen jedoch die hydraulischen Anlagen sowie die Regelstrategie sorgfältig geplant werden.