Seit vielen Jahren nimmt Wien eine Vorreiterrolle ein, wenn es darum geht, neue Ansätze für eine nachhaltige Stadtentwicklung umzusetzen. Die Schaffung nachhaltiger und lebenswerter Räume zur Erhöhung der Lebensqualität der lokalen Bevölkerung ist ein langjähriges Ziel der Stadt und steht im Mittelpunkt ihrer Entwicklungsstrategie. Ein perfektes Beispiel dafür ist der neue Stadtteil aspern Seestadt im 22. Bezirk im Nordosten Wiens. Dieses fünf Milliarden Euro teure Projekt ist eines der größten Entwicklungsprojekte Europas - und auch eines der nachhaltigsten.
Über aspern die Seestadt Wiens
Der neue Stadtteil entsteht auf dem ehemaligen Flugplatz Aspern und wird in den kommenden zehn Jahren hochwertigen Wohnraum für über 25.000 Menschen sowie 20.000 neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze bieten. Das Areal ist mit 240 Hektar so groß wie der gesamte erste Wiener Gemeindebezirk. Nach der Fertigstellung wird die Bruttogeschossfläche aller geplanten Gebäude 2,6 Millionen Quadratmeter betragen. Der multifunktionale Stadtteil beherbergt zudem Bildungseinrichtungen, Forschungsquartiere sowie großzügige Grünflächen und Erholungsgebiete direkt am See.
Was die Verkehrsanbindung anbelangt, so verfügt die Seestadt über zwei U-Bahn-Stationen sowie einen Nahverkehrsbahnhof mit Verbindungen zum Wiener Hauptbahnhof und zum nahe gelegenen Bratislava. Hinzu kommen sieben Buslinien und eine Park-and-Ride-Anlage sowie zukünftige Erweiterungen der bestehenden Straßenbahn und Anschlüsse an das Hauptstraßennetz. Der öffentliche Raum der Seestadt ist ganz auf die Bedürfnisse des Radverkehrs und Fußverkehrs ausgerichtet. Mit diesem Stadtentwicklungsprojekt begegnet Wien der Herausforderung, Lebensraum für die wachsende Bevölkerung zu schaffen. Denn Prognosen zufolge sollen bis 2027 über 2 Millionen Menschen in Wien leben.
Nachhaltiges Bauen
Einer der interessantesten Aspekte der Seestadt ist jedoch der Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Denn von Anfang an hatte der bewusste Umgang mit Ressourcen und die Berücksichtigung der Anpassungsfähigkeit an klimatische Veränderungen oberste Priorität. Dies wurde nicht nur durch das Recycling und die Wiederverwendung vorhandener Materialien vor Ort erreicht, sondern auch durch die Kombination von Technologie und modernen Baumethoden.
Für den künstlichen See, der das Herzstück des neuen Stadtteils bildet, mussten zum Beispiel 650.000 Tonnen Erde ausgehoben werden. Dieses Material wurde - ebenso wie der Beton der abgetragenen Start- und Landebahnen - in einem Baulogistikzentrum vor Ort aufbereitet und für den Bau neuer Strukturen, Straßen und Wege auf dem Gelände wiederverwendet.
Erneuerbare und umweltfreundliche Materialien sind ein weiterer Schwerpunkt in Aspern. Am Standort befindet sich beispielsweise das zweithöchste Holzgebäude der Welt, das HoHo Wien. Das Hochhaus bietet Wohn- und Gewerbeeinheiten, wobei über 75 % der Materialien aus nachhaltig bewirtschaftetem Holz aus Österreich bestehen. Die Holzbauweise wurde auch für weitere Gebäude auf dem Gelände verwendet, etwa für die Wände und die Verkleidung von Wohngebäuden.
Eine Vielzahl an Gebäuden wurde mit Fertigteilen gebaut, die außerhalb der Baustelle in Fertigteilwerken vorgefertigt wurden. Die Verwendung der Fertigteile beschleunigte den Bauprozess, reduzierte den Abfall, verbesserte die Qualität der Bauteile und minimierte die Lärm- und Staubbelastung für die Ortsansässigen und Unternehmen. So wurde beispielsweise ein großer Teil der Wohngebäude des westlichen Viertels mit Betonfertigteilen errichtet, die von Mischek Systembau mit Hilfe von ALLPLANs Software speziell für Fertigteile entworfen und produziert wurden. Dank der effizienten Planung der Fertigteile mit ALLPLAN Precast konnte das Team schnell und fehlerfrei planen, produzieren und bauen.
Technologie intelligent nutzen
Die Seestadt ist nicht nur nachhaltig gebaut, sie wird auch nachhaltig betrieben. Das Wiener Modell des Regenwassermanagements mit doppelter Versickerung wurde so erweitert, dass es nach Fertigstellung fast zwei Drittel des Bedarfs in der Seestadt abdeckt. Dadurch wird ein Regenwasserrückhaltesystem zur Bewässerung von Bäumen geschaffen und so das lokale Mikroklima in der Gegend verbessert.
Darüber hinaus überwacht und analysiert ein Labor vor Ort - das Aspern Smart City Research (ASCR) – laufend die Daten der Technik, die in einige der Wohngebäude eingebaut wurde wie z.B. eine klimafreundliche Fußbodenkühlung. Dies bietet den dort lebenden Menschen hocheffiziente Wohnungen einerseits und dient gleichzeitig als Testumgebung für neue Forschungsarbeiten. Das ASCR-Team konzentriert sich auf fünf Hauptbereiche, darunter Smart Building, Smart Grid, Smart User, Smart ICT und Smart Charging.
Ein inspirierendes Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung
aspern die Seestadt Wiens darf sich bereits über zahlreiche Auszeichnungen freuen, und es ist leicht zu erkennen, warum. Denn der Fokus auf nachhaltiges und qualitativ hochwertiges Wohnen ist für viele ein beeindruckendes und inspirierendes Beispiel. Angesichts der steigenden Stadtbevölkerung und der zunehmenden Herausforderungen des Klimawandels ist die aspern Seestadt ein Vorbild für zukünftige Stadtentwicklungsprojekte weltweit.