ACMS Architekten: Architektur in Zeiten des Klimawandels

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Prof. Christian Schlüter von ACMS Architekten gibt auf dem ALLPLAN-Online-Event "Build the Future" einen Einblick in mögliche Lösungen für eine klimafreundliche und nachhaltige Architektur. 

Wenn es um Architektur in Zeiten des Klimawandels geht, spielen ACMS Architekten als kompetente Ansprechpartner in Deutschland eine wichtige Rolle. Das Architekturbüro aus Wuppertal befasst sich bereits seit 25 Jahren intensiv mit dem Thema Ressourcenschutz, ist Gründungsmitglied der DGNB und neben seiner praktischen Tätigkeit zudem in Lehre und Forschung in diesem Bereich aktiv. Auf dem ALLPLAN-Online-Event „Build the Future“ berichtet Geschäftsführer Prof. Christian Schlüter unter anderem, warum Bauen niemals wirklich klimaneutral ist und auch der Holzbau einer kritischen Betrachtung unterzogen werden muss. Zugleich zeigt er spannende Lösungen auf, wie sich wirklich klimaschonender bauen lässt.

Echte klimaneutrale Gebäude sind aktuell nicht möglich

Um nachhaltig zu bauen, muss der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet werden, statt einseitig auf die Nutzungsphase zu schauen, wie es bislang seitens der Gesetzgebung (durch EnEV und GEG) der Fall ist. Tatsächlich ist mittlerweile mit Blick auf die Treibhausgasemissionen die Konstruktionsphase viel entscheidender als der Betrieb – und das selbst auf 50 Jahre gerechnet. Christian Schlüter kann hier auf ein breites Wissen zurückgreifen, denn schließlich hat er mit ACMS Architekten im Rahmen des DBU-Forschungsprojekts +++ Haus versucht, ein wirklich klimaneutrales Gebäude zu konstruieren. Das Ergebnis: Egal, welche Baustoffe und Energieträger sie verwendeten – es war (ohne die gesetzlich festgelegten Rechentricks) schlicht nicht möglich.

Die Grenzen des Baustoffs Holz

Jedes Material und jedes Bauteil verursacht in seinem gesamten Lebenszyklus CO2-Emissionen. Das gilt auch für Holz. Vermeintlich klimaschonend, hat der Baustoff Holz bei genauerer Betrachtung auch kritische Aspekte. Momentan entnehmen wir viel mehr davon aus den Wäldern, als wirklich nachwächst. In Deutschland liegt der Verbrauch so hoch, dass es drei Erden bräuchte, wenn die übrige Welt ebenso viel verbrauchte. Die üblicherweise als Bauholz verwendeten Bäume wie Fichten sind ausgerechnet dann hiebsreif, wenn sie am meisten CO2 aufnehmen. Es kann daher sogar sinnvoller sein, die Bäume stehenzulassen und stattdessen mit Beton zu bauen, da die verlorene Speicherkapazität der Bäume für das Klima schwerer wiegt als die Emissionen, die sich aus der Zementherstellung ergeben.

Bei Laubhölzern wie Buchen sieht es noch problematischer aus, da diese für die Hiebsreife noch wesentlich älter sein müssen, während sie zugleich nur zu 45 Prozent als Bauholz verwendet werden können. Das Restholz lässt sich momentan nur auf solche Arten verwerten, die wieder zu weiteren kurzfristigen Kohlenstoffemissionen führen.

Skeletttragwerke aus Stahlbeton, Gebäudehüllen aus Holz

Da auch Stahlbeton klimatisch höchst zweifelhaft ist, gilt es die Konstruktionen daraus so zu gestalten, dass die Verwendung des Baustoffs so gering (also so schlank) wie möglich ausfällt. Die Crux beim nachhaltigen Bauen ist an sich, am besten gar nicht erst neu zu bauen. Ist ein Neubau jedoch unausweichlich, sollte dieser wiederum möglichst langlebig sein. ACMS Architekten plädieren daher für minimale Skeletttragwerke, die sich auch über einen sehr langen Zeitraum flexibel nutzen lassen. Bei der Gebäudehülle setzen die Architekten wiederum aus verschiedenen Gründen doch auf Holz, jedoch in sehr materialsparender Form. Neben dünneren Wänden (und somit weniger Material) und einer besseren Ökobilanz geht es dabei insbesondere auch um die hohe Ausführungsqualität dank Vorfertigung, denn: energieeffizientes Bauen verzeiht weniger Fehler.

Industriebausysteme und Elementbauweise

Weitere Optimierungen lassen sich zudem über Anleihen aus Industriebausystemen erzielen. So verwenden die Architekten mitunter Spannbetonhohldielen und Stahlunterzüge im Wohnungsbau. Dadurch können große Spannweiten und freie Grundrisse erreicht sowie etwa 30 Prozent an Material eingespart werden. Die Holztafelelemente für die Gebäudehülle haben Christian Schlüter und seine Kollegen wiederum mittlerweile so optimiert, dass diese ohne Gerüst (also noch wirtschaftlicher) montiert werden können.

Ein besonders wichtiger Ansatz für nachhaltiges Bauen liegt bei ACMS Architekten in der Elementbauweise. Diese ermöglicht maximale Flexibilität – nicht nur wegen der sauberen Vorfertigung, sondern auch um auf unterschiedliche Anforderungen flexibel mit dem richtigen System reagieren zu können.

BIM und ressourcenschonendes Bauen

Bei der Umsetzung ihrer Vision von nachhaltigem Bauen setzen die Architekten auf digitale Werkzeuge – und planen ihre Projekte mit ALLPLAN. So wurde etwa der Campus RO in Rosenheim gar als BIM-Vorzeigeprojekt komplett mit allen Beteiligten, von der Planung bis zur Ausführung, in OPEN BIM durchgeführt. Der detaillierte Datenbestand, der dabei entstand, kann unter anderem zu einem sauberen und ressourcenschonenden Rückbau (auch das ein Vorteil der elementierten Bauweise) beitragen.

In Bezug auf BIM und die dazugehörige Software wünscht sich Christian Schlüter noch eine stärkere Integration der Themen des ressourcenschonenden Bauens. Beim Campus RO mussten beispielsweise sechs verschiedene Systemvarianten gegenübergestellt werden, um die beste Lösung im Spannungsfeld zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und begrenztem Budget zu finden. Für eine praktikable Ökobilanzierung und schnelle Variantenvergleiche wie in diesem Fall sollten die benötigten Informationen optimalerweise bereits softwareseitig vorhanden seien.