Seit Andhra Pradesh 2014 geteilt wurde, braucht der südindische Bundesstaat eine neue Hauptstadt, denn die alte, Hyderabad, ging damals an das frisch entstandene Telangana. Doch wenn man schon neu beginnen muss, warum dann nicht gleich richtig? Offenbar einem ähnlichen Gedanken folgend, entschied sich die Regierung, für den nunmehr geschrumpften Bundesstaat eine komplett neue Hauptstadt zu bauen. Seit deren Grundsteinlegung durch Ministerpräsident Narendra Modi hat sich in Amaravati – so der Name der Stadt – noch nicht viel getan. Ein Masterplan von Foster + Partners soll jedoch dafür sorgen, dass die künftige Hauptstadt nicht nur gedeiht, sondern auch nachhaltig gut wird.
So ändern sich Pläne und Prognosen: Andhra Pradeshs neue Hauptstaat sollte den Behörden zufolge eigentlich innerhalb von fünf Jahren auf 3,5 Millionen Einwohner kommen. Rund drei Jahre nach der Grundsteinlegung im Oktober 2015 lässt sich an diese Prognose jedoch nur schwerlich glauben. Noch Mitte 2018 war Amaravati wenig mehr als ein Dorf, geprägt von einigen halbfertigen Bürgerprojekten, Agrarflächen und kaum Infrastruktur. Dass hier möglicherweise eine wahre Oase der Nachhaltigkeit entstehen wird, ziehen viele in Zweifel. Doch genau das sehen die Pläne von Foster + Partners für die im Werden begriffene Stadt vor.
Grünes Rückgrat
Eigentlich sollte das renommierte britische Architekturbüro zunächst nur die neue Legislativversammlung (legislative assembly) entwerfen. Anfang 2017 wurde jedoch bekanntgegeben, dass Foster + Partners den gesamten Regierungskomplex und damit den Kern der Stadt planen werden. Ihr Masterplan sieht eine Art grünes Rückgrat der Stadt vor, das sich zu mindestens 60 Prozent aus Wasser- und Grünflächen zusammensetzt und die Grundlage des Umweltkonzepts für die Stadt bildet. Das Wasser wird in kunstvollen Schleifen von Amaravatis Lebensader, dem Fluss Krishna, abgezweigt. Als Vorbilder für das fünfeinhalb Kilometer lange und einen Kilometer breite Karree dienten Lutyens Neu Delhi und New Yorks Central Park.
Grüne Gebäude
Vom Fluss aus betrachtet, beginnt der Regierungsbezirk mit einem gemischt genutzten Viertel, das sich um 13 öffentliche Plätze formiert, welche die 13 Distrikte Andhra Pradeshs repräsentieren. Die Gebäude hier sollen, wie auch der Rest des Masterplans, mittels Photovoltaik den Großteil ihrer Energie selbst produzieren. Zwei Bauwerke stechen in dem Komplex besonders heraus. Das Erste davon ist die bereits erwähnte, halböffentliche Legislativversammlung. Gekennzeichnet durch eine 250 Meter hohe, nadelartige Spitze, bildet sie das weithin sichtbare Herzstück der Regierungsstadt. Ein zweites ikonisches Gebäude ist der oberste Gerichtshof, der, angelehnt an altertümliche Stupas, als moderne Pyramide die Blicke auf sich zieht.
Alles grün und gut, aber…
Auch der Verkehr ist ganz auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Im Regierungskomplex bewegt man sich mittels elektrisch betriebenem Nahverkehr – Busse, Metro und Wassertaxis – sowie, auf eigens dafür ausgewiesenen Wegen, mit dem Fahrrad fort. Der Strom für die E-Fahrzeuge stammt von einem fast acht Quadratkilometer großen Solarpark außerhalb der Stadt. Gut beschattete Straßen und Plätze sollen überdies zum Gehen anregen.
In einem Satz: Amaravati soll eine der nachhaltigsten Städte der Welt werden. Wie realistisch das milliardenschwere Vorhaben ist, wird die Zukunft zeigen. Nicht wenige Inder sehen das Projekt in Hinblick auf mögliche Korruption kritisch. Andere zeigen sich optimistischer und hoffen auf eine indische Vorzeigestadt. Neuere Videos belegen auf jeden Fall: (In) Amaravati wird gebaut.