Albert Friedrich Speer zählte zu den renommiertesten Stadtplanern unserer Zeit. Die Liste seiner Errungenschaften auf diesem Gebiet in Praxis und Forschung, in Deutschland und international ist lang. Sowohl als Kopf seines Architekturbüros Albert Speer & Partner mit Sitz in Frankfurt und Schanghai als auch in seiner Funktion als Hochschulprofessor setzte er sich jahrzehntelang für eine nachhaltige und sozialverträgliche Stadtplanung ein. Vielfach wurde er für seine Verdienste geehrt. Dem zum Trotz begleitete ihn aufgrund seines Namens zeitlebens jedoch auch stets der hässliche Schatten seines Vaters, des verurteilten Kriegsverbrechers Albert Speer. Am 15. September 2017 verstarb Albert Friedrich Speer 83-jährig in Frankfurt am Main.
Der am 29. Juli 1934 in Berlin geborene Speer entstammte einer regelrechten Dynastie von Architekten. Nicht nur sein Vater, bekannt als „Architekt Hitlers“, war ein Angehöriger der Zunft, sondern auch sein Großvater und Urgroßvater. Kurz nachdem sein Vater im Nürnberger Prozess 1946 für dessen Handlungen als Reichsminister für Bewaffnung und Munition zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde, begann der junge Speer zu stottern. Die dadurch unerträglich gewordene Schule verließ er ohne Abschluss und begann 1952 in Heidelberg eine Schreinerlehre. Gleichzeitig holte er am Abendgymnasium sein Abitur nach, sodass er 1955 ein Architekturstudium an der TU München aufnehmen konnte.
Spuren in aller Welt
Nach seinem Abschluss 1960 zog er nach Frankfurt am Main, wo er unter anderem für Apel, Beckert und Becker (ABB) arbeitete. Sein Durchbruch gelang ihm schließlich 1964 mit dem zweiten Preis im Wettbewerb um die Bahnhofsverlegung in Ludwigshafen, woraufhin er in Frankfurt am Main sein eigenes Architekturbüro gründete. Wenig später folgte mit der Planung einer Siedlung bei Ludwigshafen der erste Auftrag.
Es sollte nicht der Letzte gewesen sein. Schon 1968 blickte er weit über den Tellerrand Deutschlands hinaus und verfolgte in Libyen sein erstes internationales Projekt: die Stadt- und Regionalplanung von West-Tripolitanien. In seiner fast 60-jährigen Tätigkeit als Stadtplaner folgten viele weitere Großprojekte in Deutschland und aller Welt. So prägte sein Büro etwa hierzulande maßgeblich das Gesicht der Stadt Frankfurt, lieferte Masterpläne für die Kölner Innenstadt, die EXPO 2000 in Hannover und viele andere.
Unter den Hunderten von internationalen Projekten lässt sich eine gewisse Vorliebe für die arabische Welt und China nicht verleugnen. So hinterließ Speer etwa große Spuren in Riad, plante in China mehrere komplette Städte, darunter eine Autostadt für 300.000 Einwohner, oder zeichnete für den Masterplan für die Fußball-WM 2022 in Katar verantwortlich. Die besondere Verbindung zu China wurde 2001 durch die Eröffnung einer Zweigstelle seines 1984 gegründeten Frankfurter Büros, Albert Speer & Partner, in Schanghai noch unterstrichen. Insgesamt beschäftigen beide Niederlassungen heute etwa 200 Mitarbeiter.
Nachhaltige und soziale Stadtplanung
Als Visionär einer modernen Stadtplanung ging es Speer in seinen Projekten darum, das zu schaffen, was für Mensch und Umwelt am besten ist. In einer Zeit, als die Themen Nachhaltigkeit und Ökologie praktisch noch keinerlei Beachtung fanden, plante sein Büro bereits unter nachhaltigen und ökologischen Gesichtspunkten. So wurde schon bei der Planung eines Diplomatenviertels in Riad Ende der 70er darauf geachtet, dass nicht mehr Fläche bewässert wurde, als das Recycling systemeigenen Wassers zuließ. Ebenso verfolgte er stets den Ansatz, die Bevölkerung und ihre Anliegen in die Projektplanung mit einzubeziehen, sei es nun in Deutschland oder in fremden Kulturen.
Seinen Grundsatz, „Planung muss ökologisch, wirtschaftlich und sozial ausgerichtet sein“, vermittelte er auch als Lehrender. Zwischen 1972 und 1997 hatte Albert Speer den Lehrstuhl für Stadt- und Regionalplanung an der Universität Kaiserslautern inne. Dort baute er auch den Studiengang „Raum- und Umweltplanung“ auf. 1994 wurde er zudem als Gastprofessor an die ETH Zürich berufen und 2011, gut 50 Jahre nach seiner Graduierung, von der TU München mit einer Ehrenprofessur geehrt.
Der lange Schatten des Vaters
Während seine Herkunft im professionellen Alltag für ihn nahezu keine Rolle spielte, wurde Albert Speer in der Öffentlichkeit immer wieder auf seinen Vater angesprochen. Dies war ihm, der sein Leben lang bestrebt war, sich von seinem Vater zu distanzieren und abzugrenzen, verhasst. Ebenso nervte es ihn, selbst als Mann fortgeschrittenen Alters immer noch ein „junior“ angehängt zu bekommen. Der Schrecken des mörderischen NS-Regimes wird wohl, solange man sich erinnert, stets mit dem Namen Albert Speer verbunden bleiben. Was jedoch auch bleiben wird, ist das für Mensch und Umwelt wertvolle Vermächtnis des jüngeren Albert Speers in Form funktionierender Städte.